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Tino Bittner spielt in seinen Arbeiten mit dem Reiz der Bewegungsabläufe – wie hier in „Handumdrehen".

Tino Bittners Perspektivwechsel

Aktiver Part bei den kulturpolitischen Leitlinien des Landes: Tino Bittner entwarf mit Kunstschaffenden aus MV Visionen für den Nordosten.
Tino Bittner betreibt zusammen mit Udo Dettmann (l.) und Thomas Sander (r.) die Produzentengalerie „Dezernat 5" in Schwerin.

Wenn Inneres und Äußeres aufeinandertreffen. Wenn sich Idee und Material miteinander verbinden. „Dann entsteht manchmal so etwas wie Kunst", sagt er. Seit 2003 arbeitet Tino als freischaffender Künstler. Auf Kultur-MV.de erzählt er, was ihn im Schaffensprozess beflügelt, wie er sich als Künstler begreift und über den Tanz von Idee und Material.

Wie würdest Du Dich selbst und Deine Arbeit beschreiben?

Tino Bittner: Ich arbeite in verschiedenen Techniken und folge dabei meistens einem gedanklichen Konzept. Grundsätzlich geht es mir um Wahrnehmungsphänomene und den Bereich zwischen Realität und Fiktion. Meine Arbeiten sind ein Angebot, sich dem zu stellen.

Deine Arbeiten sind nun Teil des Landeskunstbesitzes. Was bedeutet es für Dich?

Tino: Ich freue mich darüber und hoffe, dass sie erlebbar gemacht werden – also nicht nur im Depot liegen.

Welches Deiner bisherigen Werke bedeutet Dir am meisten und warum?

Tino: Es gibt einige Schlüsselwerke, die neue Werkgruppen begründet haben, aber insgesamt verweisen meine Arbeiten aufeinander und der gesamte Komplex ist mir wichtig. Am spannendsten finde ich Arbeiten im öffentlichen Raum. In Ausstellungssituationen sind die Besucher meist vorbereitet, draußen kommen sie unmittelbar in Kontakt mit meinen Ideen – das gefällt mir.

Durch welche Künstler und Personen wurdest Du in Deinem Schaffen geprägt?

Tino: Ich bin Teil des Künstlerkollektivs Dezernat 5. Mit meinen Kollegen Udo Dettmann und Thomas Sander arbeite ich eng zusammen, das beeinflusst und prägt uns gegenseitig. Ansonsten mag ich Marcel Duchamp, den alten Atmer. Wir haben hier in Schwerin ein Konvolut einiger seiner Arbeiten. Auch Olafur Eliasson und seine Untersuchungen interessieren mich. Meine Anfänge liegen in der Graffiti- und Streetartkultur – ihre Kraft und Spontaneität versuche ich mir zu erhalten.

Wie kommt die Inspiration zu Dir? 

Tino: Das ist unterschiedlich. Manchmal ist es ein Objekt, das mich zum Weiterdenken anregt. Ich reagiere auf das, was ich wahrnehme und verbinde gern Ideen oder Dinge, die es schon gibt zu Neuem. Musik ist aber meistens dabei...

Arbeitest Du vorrangig in einer festen Arbeitsumgebung?

Tino: Es gibt mehrere Prozesse im „Workflow". Wichtigste Grundlage sind Notizen und Skizzen meiner Ideen, die ich sammle und die meinen Fundus bilden. Das kann ich überall machen und bin da gern flexibel. Im Atelier und der Galerie experimentiere ich dann mit Materialien und probiere verschiedene Anordnungen aus. Dadurch bekommen die Ideen dann ein materielles Gegenüber. Wenn beide dann zu tanzen beginnen, entsteht manchmal so etwas wie Kunst.

Was benötigst Du im Schaffensprozess?

Tino: Viele Arbeiten sind in der Schwebe oder eben im Tanz. Unterschiedliche Situationen wirken unterschiedlich auf die Entstehungsprozesse, die oft parallel ablaufen. Ruhe und Zeit sind für einige Arbeitsschritte essenziell, aber auch schnelle Entscheidungen können an bestimmten Punkten helfen, zur Essenz einer Arbeit vorzudringen. Ich mag Klarheit. Wenn sich Inneres und Äußeres in meiner Arbeit verbinden, merke ich, dass das genau das ist, was ich mache will. 

Wie gehst Du mit der aktuellen Situation um? Wie hast Du das zurückliegende Jahr erlebt?

Tino: Im letzten Jahr ist viel passiert. Aus solchen neuen Situationen kann aber immer auch etwas Neues und Gutes entstehen. Ich bin fokussierter geworden. Zum Glück konnten wir ein größeres Ausstellungsprojekt mit finnischen Gästen(Prisma Codex) in den Herbst verschieben. Es wurden aber auch Ausstellungen abgesagt. Wirtschaftlich wird es da natürlich eng.

Der Künstler Tino Bittner

  • 1997-2004 Studium an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg
  • seit 2003 freischaffender Künstler
  • 2008, 2012 und 2017 jeweils Stipendium des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur MV
  • 2010 Gründung des Dezernat5 – Galerie für aktuelle Kunst in Schwerin
  • 2011 Arbeitsstipendium durch das Künstlerhaus Lukas in der Kulturvilla Muramaris/Gotland (Schweden), gefördert durch das Land Mecklenburg-Vorpommern
  • 2013 Artist in Residence im Italienischen Palast, Växjö (Schweden)
  • 2017 1. Platz, Kunst- und Kulturpreis 2016 der Stiftung der Sparkasse Meckelnburg-Vorpommern mit Udo Dettmann und Thomas Sander, Dezernat5 – Galerie für aktuelle Kunst Schwerin

Einzelausstellungen mit Tino Bittner

  • 2002 Rathaus Schwerin: Stadt und Rand
  • 2010 Staatliches Museum Schwerin: Duchamp-Komplex, Intervention Rückzug
  • 2013 Kulturforum Pampin: Zum Ort Wird Die Zeit
  • 2013 Spazio Gerra, Reggio Emilia (Italien) und Växjö konsthall und Italienska palatset, Växjö (Schweden): Video Ergo Sum
  • 2016: Pavillon am Milchhof, Berlin: Fingerzeig
  • 2018: MOM artspace, Hamburg: Parallaxe
  • 2019: KUMU Kunstmuseum, Tallinn: Fingerzeig – Näpunäide

Weitere Ausstellungen sind auf der Webseite des Künstlers aufgelistet. 

Dezernat 5: Tranformation der Meldestelle

Erst Meldestelle der DDR. Dann städtisches Ordnungsamt des Dezernats 4. Jetzt Galerie eines Künstlertrios. „Der Name Dezernat5 steht für die Transformation des Hauses. Quasi eine Fortsetzung", sagt Udo Dettmann. Der Videokünstler betreibt zusammen mit Tino Bittner und Thomas Sander die Produzentengalerie in der Franz-Mehring-Straße gleich gegenüber der Schweriner Paulskirche. Reinschauen...

Was ist los in MV?!

19:00 Uhr, Stadthalle/Rubenowsaal in Greifswald

19:00 Uhr, Sozio-kulturelles Zentrum St. Spiritus in Greifswald

19:30 Uhr, M*Halle in Schwerin

Land kauft Kunst 2020

Die Kunstsammlung des Landes wächst stetig. Seit dem Jahr 1994 kauft Mecklenburg-Vorpommern Arbeiten von bedeutenden Künstlern des Landes auf, um sie für die Nachwelt zu erhalten. Eine Kommission aus Experten aller Genres wählt dafür aus, von welchen Künstlern Arbeiten angekauft werden und macht sich auf den Weg in deren Ateliers. Allerdings ist dieses Jahr alles anders: Die Ankäufe fanden Corona bedingt digital statt. Die Besuche in der Arbeitsumgebung der Schaffenden fielen aus. Kultur-MV stellt die Künstler des Landes trotzdem vor. 

Atelierbesuche 2019

Musik ist überall. Überall im Leben von Alexandra Lotz. Ihr Vater ein Berliner Cellist. Ihre Schwester eine anerkannte Sängerin. Alexandra Lotz selbst studierte Gesang, aber die Bühne „hat mich nicht gepuscht", sagt sie. Die Bildhauerei dagegen schon. Ihr Instrument: Alabaster. Mit ihren Arbeiten ist die Bildhauerin jetzt auch im Landeskunstbesitz vertreten. Kultur-MV hat sie in ihrem Atelier besucht. Weiterlesen...

Bewegungen. Das Rauschen der Blätter. Die Leere ohne Bezug zu irgendwas oder irgendwem. Das erfasst Claudia Heinicke in ihren Gitterbildern und erschafft eine Ordnung, wo keine zu sein scheint. Gemalt. Geritzt. Geklebt. In vielen Studien und in wenigen großen Werken. Einige gehören jetzt zur Kunstsammlung Mecklenburg-Vorpommerns. Kultur-MV hat die Künstlerin besucht.

Spurensucher. Bewahrer. Künstler. „Ich bin Dokumentararchäologe", sagt Jörg Herold über sich. In seinen Arbeiten hinterfragt er historische „Hinterlassenschaften" – Denkmäler, Traditionen, Fragmente. Internationale bekannt wurde er durch seine Beteiligungen an der Biennale in Venedig und an der documenta X international. MV kaufte einige seiner Werke für die Landeskunstsammlung an. Kultur-MV begleitete den Ankauf.

Die Farbe wirft Hügel, Schnörkel, Kringel. Bildet ein Relief. Mit zwei, drei Schritten Abstand wird eine Eule erkennbar. Sie wirkt fast haptisch. „Ich verdünne die Farbe weniger als früher mit Terpentin“, sagt Ingmar Bruhn. Ölfarbe. Erdige, warme, dunkle Töne. Seine expressiven Großformate entstehen meist in Dambeck bei Bobitz und Berlin. Ein Adler gehört nun zur Kunstsammlung des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Kultur-MV begleitete den Ankauf. 

Cindy Schmiedichen schichtet Farbe. Sie formt Farbe zur Skulptur. „Mich interessiert vor allem der Prozess des Einfärbens. Dabei treibe ich Gips an sein Äußerstes", sagt Cindy Schmiedichen. „Ich arbeite halb blind." Erst nach dem Guss sieht die Künstlerin das vollständige Ergebnis. Bei ihrem Atelierbesuch wohnte die Kunstkommission des Landes MV diesem ersten Moment bei – hebt eine Farbskulptur aus der Gussform. Weiterlesen...

Nur Bilder an die Wand hängen? Zu wenig für einen bildenden Künstler. Fotografin Maria Sewcz sammelt ihre Arbeiten aus Rom in einem Folianten. Angelehnt an die alten Bücher, die im Vatikan aufbewahrt werden. Das beeindruckt die Kunstkommission des Landes MV. Den Folianten erwirbt sie nicht, aber eine Fotoauswahl für die Sammlung. Kultur-MV war dabei. 

Ästchen für Ästchen. In seinen früheren Arbeiten verschwimmen die Grenzen zwischen Fotografie und Grafik. In seinen neueren Arbeiten verzichtet Andre van Uehm darauf, spielt lieber mit Horizonten und Linien. Der ehemalige Landschaftsgärtner fotografiert vom Menschen geprägte Natur – ohne Menschen. Ein Bewahrer der Kulturlandschaften in MV. Seine Arbeiten passen sich selbstverständlich in die Landeskunstsammlung ein. Kultur-MV begleitete den Kunstankauf.

18527. 18989. 19294. 19678. Diese vier Arbeiten von Thorsten Bisby-Saludas sind nun Teil der Kunstsammlung Mecklenburg-Vorpommerns. Keine nüchternen Zahlen, sondern Titel von vier Kunstobjekten. Die Zahlen stehen für den Tag im Leben des Bildhauers, an dem er das Werk vollendete. Seine Werke bilden die Summe der Erfahrungen, des Denkens und des Seins des Künstlers ab. Kultur-MV besuchte sein Atelier.