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Jörg Herold und seine Kunst des Erinnerns

Die Werke, die das Land für die Kunstsammlung ankauft, sollen Jörg Herold als Dokumentararchäologen zeigen.

Spurensucher. Bewahrer. Künstler. „Ich bin Dokumentararchäologe", sagt Jörg Herold über sich. In seinen Arbeiten hinterfragt er historische „Hinterlassenschaften" – Denkmäler, Traditionen, Fragmente. Internationale bekannt wurde er durch seine Beteiligungen an der Biennale in Venedig und an der documenta X international. MV kaufte einige seiner Werke für die Landeskunstsammlung an. Kultur-MV begleitete den Ankauf.

Jörg Herold kommt viel herum. Arbeitsaufenthalte in Japan, Italien, Brasilien, Venezuela und auf der Krim. Seine Erkundungsfahrten führen ihn zu Orten der kollektiven Erinnerung – reale und imaginäre. Er verlässt dabei gern ausgetretene Pfade, folgt den Spuren der Geschichte auf Nebenwegen und geht kleinsten Details nach.

Wenn er dann an seinen künstlerischen Vorhaben arbeiten will, kommt er nach Mecklenburg. In Rothspalk erwarb er 1985 eine Schnitterkaserne, baute den ehemaligen Schlafsaal in ein Atelier um. „Ich könnte gar nicht woanders arbeiten", sagt er. In der Zurückgezogenheit erschafft Jörg Herold Aktionen, Zeichnungen, Filme und Installationen, die zum Teil internationale Aufmerksamkeit erregen. 

Seine Werke lenken die Aufmerksamkeit auf Dinge, die Herold vor Vergessenheit bewahren will. Eine Tafel am Güstrower Amtsgericht erinnert an die Friedliche Revolution von 1989. Die Installation „Lichtspur über Datumsgrenze“ im Außenhof des zum Deutschen Bundestag in Berlin gehörenden Paul-Löbe-Hauses lenkt den Blick auf bekannte und weniger bekannte Ereignisse deutscher Geschichte.

Jörg Herold gräbt immer wieder in der (vorwiegend) deutschen Geschichte. Dokumentiert zum Beispiel in einem seiner bekanntesten Projekte „Heldenfriedhof" den Absturz des deutschen Aktionskünstlers Joseph Beuys auf der Krim als kreative Auseinandersetzung mit einem zeitgenössischen Künstlermythos.

Bei allen Arbeiten geht Herold sparsam mit Informationen um. Er versucht, im Betrachter die Lust zum Entdecken zu wecken. Ihn zu einem Dialog mit dem Werk zu animieren. 

Der Künstler Jörg Herold

1965 geboren in Leipzig

1986 bis 1988 Ausbildung zum Stukkateur

1987 bis 1990 Studium der Malerei an der Hochschule für Graphik und Buchkunst Leipzig und an der Kunsthochschule Berlin, Weißensee

1996 Arbeitsstipendium Schloß Balmoral, Vereinigtes Königreich

1994 Atelierstipendium der Kunstwerke Berlin und Stipendium Villa Serpentata, Akademie der Künste Berlin

1993 Arbeitsstipendium Japan

2017 Stipendium der Deutschen Akademie Rom Villa Massimo, Rom, Italien

In der Landeskunstsammlung ist Jörg Herold bereits mit konzeptionellen Werken vertreten. Die Kunstkommission – hier Dr. Regina Erbentraut vom Schloss Güstrow (hinten) und Dr. Merete Cobarg von der Kunstsammlung Neubrandenburg – beschließt daher, Leinwandarbeiten, Fotografien und Collagen in die engere Auswahl einzubeziehen.
Jörg Herold zeigt der Kommission verschiedene Werke. Aus einem konzeptionellen Projekt. Leinwandgemälde. Fotos und Collagen. Verschiedene Serien. Die Auswahl ist groß – und schwierig.
Das Budget für den Kunstankauf ist wie immer begrenzt, daher will der Ankauf gut überlegt sein. Auch die Künstler entscheiden mit, durch welche Werke sie dauerhaft in der Kunstsammlung vertreten sein wollen.
Ein Prozess der angesichts der Vielfalt, der Qualität und der verschiedenen Meinungen einige Zeit in Anspruch nimmt. Einen Künstler mit nur wenigen Werken für die Nachwelt zu erhalten, ist eine Herausforderung.
Am Ende fällt die Entscheidung auf eine Lagekarte von Denkmälern im Osten Deutschlands. Es handelt sich um eine Art Collage mit weißen Kreisausschnitten als Markierungspunkte.
Dazu eine mehrteilige Fotoserie. Sie zeigt Denkmäler, an die Herold eine weiße Scheibe als Leerstelle anbrachte. Der Bezug zu MV verbindet Lagekarte und Fotos.

Was ist los in MV?!

19:00 Uhr, Stadthalle/Rubenowsaal in Greifswald

19:00 Uhr, Sozio-kulturelles Zentrum St. Spiritus in Greifswald

19:30 Uhr, M*Halle in Schwerin

Atelierbesuche 2019

Musik ist überall. Überall im Leben von Alexandra Lotz. Ihr Vater ein Berliner Cellist. Ihre Schwester eine anerkannte Sängerin. Alexandra Lotz selbst studierte Gesang, aber die Bühne „hat mich nicht gepuscht", sagt sie. Die Bildhauerei dagegen schon. Ihr Instrument: Alabaster. Mit ihren Arbeiten ist die Bildhauerin jetzt auch im Landeskunstbesitz vertreten. Kultur-MV hat sie in ihrem Atelier besucht. Weiterlesen...

Bewegungen. Das Rauschen der Blätter. Die Leere ohne Bezug zu irgendwas oder irgendwem. Das erfasst Claudia Heinicke in ihren Gitterbildern und erschafft eine Ordnung, wo keine zu sein scheint. Gemalt. Geritzt. Geklebt. In vielen Studien und in wenigen großen Werken. Einige gehören jetzt zur Kunstsammlung Mecklenburg-Vorpommerns. Kultur-MV hat die Künstlerin besucht.

Spurensucher. Bewahrer. Künstler. „Ich bin Dokumentararchäologe", sagt Jörg Herold über sich. In seinen Arbeiten hinterfragt er historische „Hinterlassenschaften" – Denkmäler, Traditionen, Fragmente. Internationale bekannt wurde er durch seine Beteiligungen an der Biennale in Venedig und an der documenta X international. MV kaufte einige seiner Werke für die Landeskunstsammlung an. Kultur-MV begleitete den Ankauf.

Die Farbe wirft Hügel, Schnörkel, Kringel. Bildet ein Relief. Mit zwei, drei Schritten Abstand wird eine Eule erkennbar. Sie wirkt fast haptisch. „Ich verdünne die Farbe weniger als früher mit Terpentin“, sagt Ingmar Bruhn. Ölfarbe. Erdige, warme, dunkle Töne. Seine expressiven Großformate entstehen meist in Dambeck bei Bobitz und Berlin. Ein Adler gehört nun zur Kunstsammlung des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Kultur-MV begleitete den Ankauf. 

Cindy Schmiedichen schichtet Farbe. Sie formt Farbe zur Skulptur. „Mich interessiert vor allem der Prozess des Einfärbens. Dabei treibe ich Gips an sein Äußerstes", sagt Cindy Schmiedichen. „Ich arbeite halb blind." Erst nach dem Guss sieht die Künstlerin das vollständige Ergebnis. Bei ihrem Atelierbesuch wohnte die Kunstkommission des Landes MV diesem ersten Moment bei – hebt eine Farbskulptur aus der Gussform. Weiterlesen...

Nur Bilder an die Wand hängen? Zu wenig für einen bildenden Künstler. Fotografin Maria Sewcz sammelt ihre Arbeiten aus Rom in einem Folianten. Angelehnt an die alten Bücher, die im Vatikan aufbewahrt werden. Das beeindruckt die Kunstkommission des Landes MV. Den Folianten erwirbt sie nicht, aber eine Fotoauswahl für die Sammlung. Kultur-MV war dabei. 

Ästchen für Ästchen. In seinen früheren Arbeiten verschwimmen die Grenzen zwischen Fotografie und Grafik. In seinen neueren Arbeiten verzichtet Andre van Uehm darauf, spielt lieber mit Horizonten und Linien. Der ehemalige Landschaftsgärtner fotografiert vom Menschen geprägte Natur – ohne Menschen. Ein Bewahrer der Kulturlandschaften in MV. Seine Arbeiten passen sich selbstverständlich in die Landeskunstsammlung ein. Kultur-MV begleitete den Kunstankauf.

18527. 18989. 19294. 19678. Diese vier Arbeiten von Thorsten Bisby-Saludas sind nun Teil der Kunstsammlung Mecklenburg-Vorpommerns. Keine nüchternen Zahlen, sondern Titel von vier Kunstobjekten. Die Zahlen stehen für den Tag im Leben des Bildhauers, an dem er das Werk vollendete. Seine Werke bilden die Summe der Erfahrungen, des Denkens und des Seins des Künstlers ab. Kultur-MV besuchte sein Atelier.

Land kauft Kunst 2019

Die Kunstsammlung des Landes wächst stetig. Seit dem Jahr 1994 kauft Mecklenburg-Vorpommern Arbeiten von bedeutenden Künstlern des Landes auf, um sie für die Nachwelt zu erhalten. Dieses Jahr stellt das Kultusministerium dafür 51.000 Euro bereit. Eine Kommission aus Experten aller Genres wählte dafür aus, von welchen Künstlern Arbeiten angekauft werden und machte sich auf den Weg in deren Ateliers. Kultur-MV hat die Ankäufe wieder begleitet und stellt elf Künstler des Landes in ihrer Arbeitsumgebung vor.