21.07.2017

Ein steinreiches Land

Eine Wiese voller Findlinge.
Beim Bau von Autobahnen, in Kiesgruben und auf den Äckern sind viele stumme Zeugen der Eiszeit ans Licht gekommen.
Auf einer Wiese liegen mehrere Findlinge. Im Hintergrund stehen Wohnhäuser.
In MV gibt es 26 verschiedene Findlingsgärten.

Es gibt immer jemanden, der den Stein ins Rollen bringt. Ohne diesen Jemanden würde alles so bleiben wie es ist. Es gebe dann auch keine Gärten, in denen mehrere steinerne Riesen gesellig beisammen sind. Es gebe keinen einzigen Findlingsgarten in Mecklenburg-Vorpommern. Denn wer würde die Kolosse zusammen rollen? Wer Schildchen an ihnen befestigen und sich darum kümmern, dass die Menschen von diesem Ort erfahren?

Stumme Zeugen der Eiszeit

Zum Glück gibt es aber jene Hobby-Geologen und Steinfreunde, die sich als Einzelkämpfer oder in Vereinen organisiert für die stummen Zeugen der Eiszeit interessieren. Seit der Wende 1989/90 sind beim Bau von Autobahnen im Land, in Kiesgruben und auf den Äckern viele stumme Zeugen der Eiszeit ans Licht gekommen. Etliche von ihnen wanderten in Findlingsgärten, von denen es nach Angaben des Landesamtes für Umwelt, Naturschutz und Geologie in Güstrow mittlerweile 26 Stück gibt. Die meisten von ihnen entstanden in den vergangenen zwanzig Jahren. Hinzu kommen noch drei Findlingslehrpfade und einige Naturlehrpfade, auf denen sich weitere Riesen räkeln. Geologische Naturdenkmäler schlummern auch in vielen Seen. Großer Stein heißt beispielsweise ein Riese mitten im Schweriner Innensee, der von den Wassersportlern respektvoll umschifft wird. Der erste Findlingsgarten in Mecklenburg-Vorpommern erblickte übrigens 1987 das Licht der Welt. Angelegt von der Gesellschaft für Natur und Umwelt bei Prälank, südwestlich von Neustrelitz.

Wanderung der stillen Riesen

Der größte Findlingsgarten hier im Norden befindet sich in Lichtenhagen vor den Toren Rostocks. Er misst anderthalb Fußballfelder und bietet Platz für mehr als 1000 Steine, von denen einige Millionen Jahre auf dem Buckel haben. Sie alle unterscheiden sich in Größe und Zusammensetzung, doch ihre Heimat ist dieselbe - Skandinavien und der Ostseegrund. Die Eiszeiten holten diese Geschiebe aus den Tiefen der Erdkruste an die Oberfläche und schoben sie in gigantischen Gletschern in unsere Breitengrade. Obwohl die Gletscher der letzten Weichseleiszeit, die vor 10. 000 Jahren zu Ende ging, nicht mehr so weit in unsere Region vorstießen, formten ihre gewaltigen Schmelzwasserströme unsere Endmoränenlandschaft.

Labyrinth, Gräber und Steinkreise

In den Findlingsgärten des Landes wird diese erdgeschichtliche Epoche lebendig. Gärten wie der in Lichtenhagen taugen daher besonders gut als Freiluftklassenzimmer. Eine große Anziehungskraft besitzt daher auch das Steinareal in Schwichtenberg, der es auf 2100 Findlinge bringt. Präsentiert werden diese in einem der Aktionszentren des Nationalen Geoparkes „Mecklenburgische Eiszeitlandschaft“. Dazu gehört ein begehbares Labyrinth aus 666 Findlingen sowie die Nachbildungen von Großsteingräbern und Steinkreisen.

Ein Milliarden Jahre alte Hüter

Um Tonnenschwere Überbleibsel dreht sich auch alles im Findlingsgarten Carwitz in der Feldberger Seenlandschaft. Dort kam es zu steinharten Auseinandersetzung, als Bürgerinitiativen einen geplanten Kiesabbau verhinderten und stattdessen einen Findlingsgarten schufen. Die großen Steine ordneten sie in den Umrissen eines überdimensionalen Mammuts an, um damit symbolträchtig an die Eiszeit zu erinnern. Ein beeindruckendes Exemplar, das rund zwei Milliarden Jahre alt und 20 Tonnen schwer ist, tauften sie auf den Namen „Der Hüter“.

Reinhard Braasch steht vor einer Wand mit großen und kleinen, hellen und dunklen Steinen. In der Hand hält er ein geöffnetes steinernes Ei.

Von Blutwurststeinen und Sternberger Kuchen

Reinhard Braasch begleitet Besucher des Geologischen Museums Raben Steinfeld auf eine Reise durch die Erdgeschichte. Wenn er über seine Sammlung spricht, dann klingt er manchmal wie ein Bäcker: „Hier haben wir den Blechkuchen, da ist das Tortenstück und dort das Kastenbrot“, sagt er und deutet auf die entsprechenden Stücke im Regal. Weiterlesen

Ein Relief von Schliemann.

Schliemanns Traum von Troja begann in Mecklenburg

„Hoch in den Äther hinauf stieg die Flammensäule und verkündete den Untergang der unglücklichen Stadt den Bewohnern der Inseln und den Schiffen, die hin und her das Meer befuhren.“ Es müssen Sätze wie dieser gewesen sein, die den jungen Heinrich faszinierten. Der Sohn des Pfarrers Ernst Schliemann in Ankershagen war gefesselt von den Geschichten Homers. Ob er bereits damals den Wunsch hatte, dass sagenhafte Troja aufzuspüren? Weiterlesen