FINE ART SCHWERIN 19

Grafiken u.a. von Walter Libuda, Volkmar Förster, Gudrun Poetzsch, Peter Klitta, Anneliese Schöfbeck, Wilko Hänsch, Miro Zahra, Inge Jastram, Michael Wirkner

Ein Sessel, dessen graziler Unterbau aus gebürstetem Metall von einem Gewebe aus Holzperlen überfangen wird, daneben ein Tisch mit einer Platte aus Naturmaterial in unregelmäßiger Lochstruktur, die durchlässig für kleinere Gegenstände ist; darüber drei streng geometrische Siebdrucke von Peter Klitta in unterschiedlichen Grüntönen und in breitem Format – möblierte Kunst oder Kunst in Möbeln?


Diese Frage mag sich stellen, wen die ungewöhnliche Wohnz...

Ein Sessel, dessen graziler Unterbau aus gebürstetem Metall von einem Gewebe aus Holzperlen überfangen wird, daneben ein Tisch mit einer Platte aus Naturmaterial in unregelmäßiger Lochstruktur, die durchlässig für kleinere Gegenstände ist; darüber drei streng geometrische Siebdrucke von Peter Klitta in unterschiedlichen Grüntönen und in breitem Format – möblierte Kunst oder Kunst in Möbeln?


Diese Frage mag sich stellen, wen die ungewöhnliche Wohnzimmeratmosphäre umfängt, in die das KWW zur diesjährigen Grafikausstellung „Fine Art“ lädt. 23 Künstler, zumeist in Mecklenburg gut bekannt und oft beheimatet, zeigen Landschaften, Menschen, Natur- und Seestücke, Architekturansichten, Interieurs, phantastische Welten und gegenstandslose Kompositionen.


Zum behaglichen Ambiente gehört auch eine organoide Lampe, deren aufwändig kleinteilig gearbeitete Seiten der Holzbeine Töne von sich geben, wenn man mit dem Finger darüber streicht. Sie wie die anderen Ausstattungsstücke sind Arbeiten Christian Reders, der den Spagat zwischen zweidimensionaler Grafik, dreidimensionaler Mobiliarinstallation und, wenn man so will, vieldimensionalen Klang vollführt.


Den inhaltlichen Auftakt zur Grafikschau bildet im Vorraum Inge Jastrams großes Triptychon „Vernissage“ von 1998, dessen illustre Ausstellungsgesellschaft auf drei hochformatigen Radierungen wie zwischen Räumen zu wandeln scheint. Interessierte Kunstliebhaber, Szene- typen, Intellektuelle, Pelzträger, Großstadtmenschen – Gespräch, Kommunikation und Zuge- wandtheit bestimmen ihre liebevoll exzentrisch anmutenden Akteure und entführen gleichzeitig im digitalen Zeitalter in ureigenste, vergessen geglaubte menschliche Beziehungsräume.


Auch die physiognomische Feinzeichnung des traurigen Clowns in der Radierung „vor dem Auftritt“ spiegelt die hohe Intensität ihrer Auseinandersetzung mit dem Menschen in der Gesellschaft. Die Künstlerin, die in diesem Jahr mit dem Landeskulturpreis des Landes Mecklenburg-Vorpommern für ihr Lebenswerk ausgezeichnet wurde, ist mit mehreren Arbeiten vertreten, die sich dialogisch, manchmal auch sinnlich kommentierend unter die Bilder zu mischen scheinen.


Zuvorderst korrespondieren sie mit drei wilden, abstrakten Köpfen von Michael Wirkner und mit den poetisch-humorvollen Perspektivverschiebungen in Volkmar Försters Tierholzschnitten. „Biber“ und „Mondfrosch“ wirken wie eine freudvollere Facette zu den vier hochformatigen Holzschnitten aus seiner Serie „Nibelungen“ mit archaisch gestikulierenden, düster-expressiven Figuren.

Die Liste der Künstler, die in der Ausstellung „Fine Art 19“ vertreten sind ist lang: Walter Libuda, Volker Pfüller, Joachim John, Rainer Herold, Wolfram Ebersbach, Otto Möhwald, Harald Metzkes, Willi Schmidt, Volkmar Förster, Christian Reder, Christina Pohl, Gudrun Poetzsch, Peter Klitta, Anneliese Schöfbeck, Wilko Hänsch, Bernd Schlothauer, Udo Rathke, Miro Zahra, Inge Jastram, Michael Wirkner, Rainer Zille und Anke Weßling.


Besagte Künstler eint kein stilistischer Wille und kein ästhetisches Leitbild. Sie haben zu unterschiedlichen Zeiten an unterschiedlichen Orten ihre Prägung erfahren. Sie arbeiten an verstreuten Orten an ihren Konzepten der Sichtbarmachung von Welt – kurz: sie zeigen exemplarische Positionen in der Grafik.


Eckart Sarnow hat in bewährter Qualität die Arbeiten ausgewählt und zusammen mit Christian Reder in einer spannungsvollen Hängung zur Anschauung gebracht.


Text: Silke Dähmlow 

Kunst-Wasser-Werk e. V.

Das Alte Wasserwerk in Schwerin Neumühle ist Heimat von Künstler-Ateliers, Galerie und Veranstaltungsort

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