Lebendige Erinnerungskultur

Auf einem Tisch liegen dunkle Steine. Sie haben die Form eines Ziegelsteins. Daneben liegen Vordrucke, auf denen die Fundstücke dokumentiert werden.
Fragmente aus der Vergangenheit: Blick ins Archiv des Historisch-Technischen Museums Peenemünde

Das ist eine Herausforderung: Die Erinnerungen an Krieg und Gewalt, an rassistisch und ideologisch motivierte Verbrechen, Inhumanität und politisches Unrecht im 20. Jahrhunderts soll für die Nachgeborenen lebendig bleiben, nicht im Gedenken und Mahnen erstarren. Dafür erklären Gedenkstätten und Erinnerungsorte Besuchern – darunter vor allem Schülern – unbequeme Geschichte.

Gedenkstätten zur Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts erinnern in Mecklenburg-Vorpommern, wie auch in den anderen neuen Bundesländern, sowohl an die Opfer der nationalsozialistischen Diktatur als auch an die Staatsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen während der Sowjetischen Besatzungszeit (SBZ) und in der DDR. An vielen Orten trifft man auf die materiellen und immateriellen Hinterlassenschaften dieser „mehrfachen“ Vergangenheit, an die Objekte, Gedenksteine, Tafeln und Museen erinnern. Nach 1990 entstanden in MV zahlreiche neue Gedenkstätten und Erinnerungsorte, welche an die Willkür und Inhumanität der Sowjetischen Besatzungsmacht (Speziallager, Militärtribunale) und an die Opfern der politischen Verfolgung in der DDR (Stasi-Gefängnisse, politische Justiz u.a.) sowie das DDR-Grenzregime erinnern. Bestehende NS-Gedenkstätten wurden grundlegend umgestaltet und erweitert (Lagerstandorte der KZ-Außenlager u.a.). In dieser vielschichtigen und breiten Gedenkstätten- und Erinnerungslandschaft finden Besucher vielfältige Angebote für eine umfassende und differenzierte Auseinandersetzung mit der mehrfachen Diktaturgeschichte in diesem Teil Deutschlands. Besonders herausgefordert werden sie dort, wo an einem historischen Ort mehrere Geschichten erzählt und unterschiedliche Vergangenheitsschichten und Verfolgungskomplexe sichtbar werden. Mitunter spiegeln sich diese Kontinuitäten und Brüche in der Biographie einer einzigen Person wider und fordern zur Empathie mit den Opfern auf. Mit wachsendem zeitlichen Abstand zu den Ereignissen verändern sich auch die Gedenkstätten. Neben dem Gedenk- und Erinnerungsort gewinnen sie als Lernort wachsende Bedeutung. Ihre Ausstellungs- und Bildungsangebote ermöglichen eine kritische und offene Auseinandersetzung mit den verübten Verbrechen bzw. dem Unrecht am historischen Ort und den damit im Zusammenhang stehenden aktuellen Fragen an unsere Gesellschaft.

Gedenkstätten: Ein Archiv für alle?

In einer Halle stehen und liegen unzählige Gegenstände, unter anderem Raketen-Fragmente, Fässer und Blecheimer.
Von Raketen-Fragmenten bis zu Blecheimern - alle Fundstücke lagern im Erdgeschoss des ehemaligen Kraftwerkes.

Objekte richtig bewahren, Sammlung professionalisieren, Archive ausbauen und für eigene und externe Forschung öffnen – darum drehte sich der jüngste Runde Tisch „Gedenkstätten in Mecklenburg-Vorpommern“. Eines wurde schnell klar: Archive stellen Gedenkstätten und Erinnerungsorte immer noch vor große Herausforderungen, wie das Beispiel Peenemünde zeigt.