20.05.2022

Alle Kunst will Musik werden

Ein buntes Selbstbildnis.
Vor der Schauspielerei studierte Armin Mueller-Stahl Musik und lernte Geige. Das Bild zeigt ihn und „Die Rote Violine – meine Geige“.

Möchten Sie hören, zu welcher Musik Armin Mueller-Stahl malt? Dann nehmen Sie Platz im Schaudepot der Kunsthalle Rostock. Lassen Sie Ihren Blick in sein Atelier schweifen. Fühlen Sie, wie das Acryl Pinselstrich für Pinselstrich Werke komponiert – von denen einige nun in Rostock „Uraufführung“ haben.

Freitagmittag. Etwas mehr als 24 Stunden bleiben Jörg-Uwe Neumann noch. Bis zum wohl bewegendsten Moment der vergangenen Monate. Dem Moment, in dem Armin Mueller-Stahl zur Eröffnung kommt, zum ersten Mal seine Ausstellung sieht, das Vertrauen, das der Künstler in ihn gelegt hat, ein direktes Feedback gibt. „Das ist immer ein sehr bewegender Moment.“ 

Armin Mueller-Stahl. Viele kennen ihn als Schauspieler. Wenige wissen, dass er auch malt, musiziert und schreibt. Und das in etwa schon genauso lange, wie er schauspielert. 

„Als Maler kannte ich von ihm vor allem kleine Papierarbeiten.“ Umso beeindruckter ist Kunsthallen-Leiter Jörg-Uwe Neumann, als er im vergangenen Jahr durch „Nacht und Tag auf der Erde“ geht. Jene große Ausstellung, die die Kunsthalle St. Annen in Lübeck Armin Mueller-Stahl zum 90. Geburtstag widmet. Mit großen Leinwänden in Öl und Acryl. 

Die Idee, Armin Mueller-Stahl nach Rostock zu holen, lässt Jörg-Uwe Neumann nicht los. Er kommt an seine Nummer, ruft persönlich an. Zwei, drei Telefonate später macht er sich auf den Weg nach Sierksdorf. Stundenlang stöbern sie gemeinsam durch die Fülle des Ateliers. In Arbeiten, die schon lange hier stehen. Und jenen, deren letzter Pinselstrich kaum getrocknet ist. Besuch für Besuch, Bild für Bild weben die Gedanken einen roten Faden für die Ausstellung. Armin Mueller-Stahl habe ihm viel Vertrauen entgegengebracht, ihm völlig freie Hand gelassen, so Neumann. Der rote Faden fokussiert sich auf Gemälde und Malereien zum Thema „Jazz“. Auf Bilder, die in den vergangenen beiden Jahren entstanden sind – und nun erstmals öffentlich gezeigt werden. Filmrechte, Bildrechte, Szenografie, Katalog - das kostet. Summa summarum etwa 90.000 Euro. Mithilfe von Unterstützern ist es machbar. 

„Alle Kunst will Musik werden“ - der Kurator und Museumsleiter wählt für den Titel der Ausstellung ein Zitat von Armin Mueller-Stahl. Auch deshalb, weil Musik sofort in die Gefühlsebene dringe, ohne nachzudenken eine Wirkung habe. 

Jörg-Uwe Neumann und sein Team liegen in den letzten Zügen. Alle Bilder hängen, bekommen jetzt noch kleine Info-Tafeln. Einige werden darauf ohne Titel bleiben. Weil der Künstler ihnen keinen gegeben hat.

Ob er ein Lieblingsbild in der Ausstellung habe? Jörg-Uwe Neumann verneint. Sich auf ein einzelnes festzulegen, sei unmöglich. Eines, an dem er aber gern verweilt, hängt gleich am Anfang, im ersten Raum, links. Und zeigt den Komponisten Arnold Schönberg.

Ein weißer Vorhang am Eingang der Ausstellung. Darauf steht: "Alle Kunst will Musik werden."
Vorhang auf für einen bedeutenden Künstler. Die Ausstellung ist bis zum 18. September geöffnet.
Ein Gemälde von Armin Mueller-Stahl.
Armin Mueller-Stahl zeichnet und malt seit Jahrzehnten. Hier ein Beispiel aus dem Jahr 1956.
Ein Ausstellungsraum. An den Wänden hängen sechs Bilder.
Diese beiden Bilder entstanden auf Wellpappe.
Zwei Bilder im Ausstellungsraum.
Eine Arbeit aus diesem Februar: Ukraine, Russland 2022
Auf einem Tisch liegen Bücher von Armin Mueller-Stahl. An der Wand hängen drei Bilder.
Die Ausstellung gibt auch Einblicke in Armin Mueller-Stahls Schaffen als Autor. Sein erster Roman erschien 1980.
Auf zwei Tischen steht eine große Infotafel. Im Hintergrund hängt eine Leinwand. Darauf läuft ein Film mit Armin Mueller-Stahl.
Im Filmraum gehen Besucher/innen auf eine Reise durch die Filmgeschichte des Künstlers, die ihn auch bis nach Hollywood führte.
Ein Ausstellungsraum. An der Wand hängen Bilder. in der Mitte steht eine Sitzbank.
In der Ausstellung hängen mehr als 60 Bilder. Inspiration findet Armin Mueller-Stahl in Begegnungen mit Menschen, in persönlichen Erlebnissen, gesellschaftlichen Fragen, im aktuellen Zeitgeschehen und in der Musik.
An einer roten Wand hängen vier quadratische Bilder. Daneben befindet sich ein Wandhohes und Wandbreites Foto von Armin Mueller-Stahl. Es zeigt den Künstler in seinem Atelier.
Bitte Platz nehmen: Hier spielt die Musik. Jazz! So, wie ihn Armin Mueller-Stahl in seinem Atelier hört.
Drei Gemälde hängen nebeneinander.
Armin Mueller-Stahl malte auch am Filmset. Zum Beispiel auf Drehbücher. Oder wie hier auf die deutsche Synchronfassung zum Film „Local Color“ (Die Farben des Herbstes).
Jörg-Uwe Neumann steht in einem der Ausstellungsräume und spricht.
Den Künstler in seinem Atelier zu besuchen, habe ihn sehr berührt, sagt Dr. Jörg-Uwe Neumann: Normalerweise lasse er hier kaum jemanden hinein. Das wandhohe Foto von Dr. Julia Hümme zieht den Betrachter förmlich mitten ins Schaffen.
Welche Bilder werden wo gehängt? Die Ausstellung in Szene zu setzen – sozusagen dramaturgisch zu gestalten – das ist die Aufgabe von Grafiker Hermann Hülsenberg.
Jörg-Uwe Neumann in einem der Ausstellungsräume.
Eine Ausstellung zu organisieren, dauert manchmal Jahre. Hier vergingen zwischen Idee und Eröffnung etwas mehr als sechs Monate. „Ein Glücksfall“, sagt Museumsleiter und Kurator Jörg-Uwe Neumann.