30.08.2025 - 11.01.2026

Cora Pongracz: 8 erweiterte portraits

Erste institutionelle Einzelausstellung der Künstlerin Cora Pongracz in Deutschland

DE

Am 29. August 2025 eröffnet der Kunstverein in Schwerin die Ausstellung „8 erweiterte portraits“, die das Werk der österreichischen Fotografin Cora Pongracz (1943-2003) in den Mittelpunkt stellt und einen Dialog über weibliche Identität und Gleichstellung eröffnet.

Aufgrund der jüdischen Abstammung ihrer Mutter musste die ursprünglich aus Wien stammende Familie Pongracz ins Exil nach Argentinien fliehen und konnte erst 1956 nach Europa, genauer ...

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Am 29. August 2025 eröffnet der Kunstverein in Schwerin die Ausstellung „8 erweiterte portraits“, die das Werk der österreichischen Fotografin Cora Pongracz (1943-2003) in den Mittelpunkt stellt und einen Dialog über weibliche Identität und Gleichstellung eröffnet.

Aufgrund der jüdischen Abstammung ihrer Mutter musste die ursprünglich aus Wien stammende Familie Pongracz ins Exil nach Argentinien fliehen und konnte erst 1956 nach Europa, genauer nach Deutschland, zurückkehren. Dort absolvierte Cora Pongracz eine Fotoschule in der Nähe von Frankfurt und studierte anschließend an der Akademie der Bildenden Künste in München. Ende der 1960er Jahre kehrte sie nach Wien zurück, wo sie rasch mit der dortigen Kunstszene, insbesondere der Wiener Avantgarde, in Kontakt trat. Cora Pongracz gilt heute als eine der bedeutendsten Dokumentaristinnen des Wiener Aktionismus. Ihr eigenes künstlerisches Schaffen geriet jedoch lange in Vergessenheit. Die Ausstellung im Kunstverein in Schwerin ist entsprechend die erste institutionelle Präsentation ihrer Praxis in Deutschland und möchte die Wichtigkeit und das Potenzial ihres Schaffens für und mit aktuellen Diskursen aufarbeiten.

Abseits ihrer dokumentarischen Aufträge steht Cora Pongracz‘ eigene fotografische Praxis für eine medium-spezifische Loslösung von festgelegten Deutungs- und Abbildungsmustern. Diese Haltung ist als Reaktion auf die gesellschaftlichen Umbrüche ihrer Zeit zu verstehen. Die (Nachkriegs-)Generation von Pongracz wurde in einem Schul- und Ausbildungssystem erzogen, in dem die Lenkung der Jugend durch Autoritäten selbstverständlich war – und es war genau diese Generation, die in den späten 1960er Jahren gegen diese Autoritäten und deren Wertesysteme aufbegehrte. 

Ein häufiges Merkmal ihrer Aufnahmen ist eine Vorliebe für transitorische Momente. Anstatt markante Posen ins Bild zu bannen, bevorzugte Pongracz Augenblicke des Übergangs. Pongracz entwickelte auf diese Weise eine fotografische Formsprache, die genderpolitische Fragestellungen sowie später auch – beeinflusst durch ihre eigene mentale Gesundheit – Diskurse der Inklusion aufgriff und übersetzte. Ihr Vorgehen lässt sich als ein medienreflexives Experiment beschreiben, in dem die Bedingungen des fotografischen Darstellens und der begrifflichen Vermittlung auf ihre Grenzen und Anwendbarkeit hin überprüft werden. All ihren Arbeiten liegt ein Grundzweifel an der institutionellen Autorität zugrunde, dass eine Person „eindeutig“ repräsentiert werden kann – sei es institutionell oder fotografisch.

Für die Ausstellung in Schwerin wird eine der bedeutendsten Werkgruppen, die „8 erweiterte portraits“ (1974), erstmals in ihrer Gesamtheit präsentiert. Die konzeptionelle Serie kombiniert innerhalb von acht Porträts jeweils zwei Aufnahmen der ausgewählten Frauen mit fünf assoziierten Motiven. Diese wurden von den Porträtierten selbst vorgegeben, indem sie der Fotografin ihre Lieblingsorte, Lebenspartner, Kinder oder Gegenstände und Unternehmungen von individueller Bedeutung nannten. Die assoziativen Erweiterungen entsprangen also den porträtierten Personen selbst, gleichwohl gefiltert durch Blick und Apparat der Fotografin. Die acht repräsentierten Frauen werden dabei nicht namentlich genannt. Als in der damaligen Wiener Kunstszene bekannte Personen sind sie aber leicht identifizierbar (zum Beispiel Trude Ernst-Rindt, Lore Kuntner, Mira Csarmann oder Christiane Dertnig).

Um Pongracz Vorgehen innerhalb heutiger gesellschaftlicher Diskurse zu reflektieren, wird eine Reihe von zeitgenössischen Künstler:innen eingeladen, durch eigene fotografische Praktiken sowie durch Texte, Performances und andere Formen kritischer Interventionen auf Pongracz’ Werk zu reagieren und es in Beziehung zu setzen. Dazu gehören Künstler:innen wie Seiichi Furuya, Marietta Mavrokordatou, Paul Niedermayer und weitere.


EN

On August 29, 2025, the Kunstverein in Schwerin will open the exhibition ”8 erweiterte portraits,” which focuses on the work of Austrian photographer Cora Pongracz (1943–2003) and, through the medium of photography, will open up a dialogue on identity and contemporary politics of representation.

Due to her mother’s Jewish heritage, the family—originally from Vienna—was forced into exile in Argentina, only able to return to Europe, specifically Germany, in 1956. There, Cora Pongracz attended a photography school near Frankfurt/Main and later studied at the Academy of Fine Arts in Munich. At the end of the 1960s, she returned to Vienna, where she quickly became involved with the local art scene, particularly the Viennese avant-garde. Today, Cora Pongracz is considered one of the most important documentarians of the Wiener Aktionisten. However, her own artistic practice was long overlooked. The exhibition at Kunstverein in Schwerin is thus the first institutional presentation of her practice in Germany and aims to explore the significance and potential of her work in relation to current discourses.

Beyond her documentary commissions, Cora Pongracz’s photographic practice stands for a medium-specific emancipation from fixed patterns of interpretation and representation—a stance best understood as a response to the social upheavals of her time. The post-war generation to which Pongracz belonged was shaped by an educational system where the control of youth by authority figures was taken for granted. It was precisely this generation that rose up in the late 1960s against those authorities and their value systems. Pongracz experienced this upheaval in Munich and London, where she came into contact with various rebellious (youth) movements. Although not actively involved herself, testimonies from contemporaries show how profoundly these years influenced her.

A common feature of her work is a preference for transitional moments. Rather than capturing striking poses, Pongracz favored moments of transition and movement. Through this, she developed a photographic language that engaged with gender-political issues and, later—shaped by her own struggles with mental health—with discourses of inclusion. Her approach can be seen as a media-reflexive experiment that probes the limits and usefulness of photographic representation and conceptual mediation. Underpinning all her work is a fundamental skepticism toward institutional authority‘s ability to represent a person ”unambiguously“—whether institutionally or photographically.

For the exhibition in Schwerin, one of Pongracz’s most important bodies of work—”8 erweiterte portraits“ [8 extended portraits] (1974)—will be presented in its entirety for the first time. This conceptual series combines, within eight portraits, two images of each selected woman with five associated motifs. These were chosen by the portrayed individuals themselves by naming favorite places, partners, children, or personally meaningful objects and activities. While these associative additions stem from the subjects themselves, they are filtered through the gaze and apparatus of the photographer. The eight women are not named but are recognizable figures from Vienna’s art scene at the time (e.g., Trude Ernst- Rindt, Lore Kuntner, Mira Csarmann, or Christiane Dertnig).

To reflect on Pongracz’s approach within today’s societal discourses, a curated selection of contemporary artists will be invited to respond to her work through their own photographic practices, as well as through texts, performances, and other forms of critical intervention. This includes artists such as Seiichi Furuya, Marietta Mavrokordatou, Paul Niedermayer, and others. 


Kuratiert von / Curated by:
Hendrike Nagel

Asisstenzkuratorin / Assistant Curator: 

Luisa Kleemann


Eröffnung / Opening: 29.08.2025, 19:00 

mit / with Dinner*, 20:30

Begrüßung / Welcome: Vorstand / Board 

Einführung / Introduction: Hendrike Nagel (Direktorin / Director)

*Bitte melden Sie sich möglichst bis eine Woche vor der Eröffnung per E-Mail oder telefonisch an. / Please rsvp by email or phone, preferably at least one week prior to the event.


Im Dialog mit / In dialogue with:

Seiichi Furuya

21.09.2025 – 26.10.2025

Eröffnung / Opening: 20.09.2025, 18:00


Marietta Mavrokordatou

02.11.2025 – 30.11.2025

Eröffnung / Opening: 01.11.2025, 18:00


Paul Niedermayer

07.12.2025 – 11.01.2026

Eröffnung / Opening: 06.12.2025, 18:00


Weitere Termine werden in den kommenden Wochen bekannt gegeben. / Further dates will be announced in the coming weeks.


  • 30.08.2025 - 11.01.2026
    Mittwoch:
    15:00 - 18:00 Uhr
    Donnerstag:
    15:00 - 18:00 Uhr
    Freitag:
    15:00 - 18:00 Uhr
    Samstag:
    15:00 - 18:00 Uhr
    Sonntag:
    15:00 - 18:00 Uhr
  • Art der Ausstellung: Sonderausstellung
  • Sparte/n: Bildende Kunst, Film & Medien

Kunstverein für Mecklenburg und Vorpommern in Schwerin

Der Kunstverein Schwerin bietet ein Forum für zeitgenössische bildende Kunst regional sowie international agierender Künstler/innen.

Details

Diese Ausstellung ist kostenlos.

Kontakt

Künstlerische & Kaufmännische Leitung (Kunstverein in Schwerin)

Frau Hendrike Nagel


Telefon:
004915901782251
Mail:
nagel@kvmvsn.de

Website


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