Diego Hagen steht vor einem Mikrofon. Er hält eine Zettel in der Hand und spricht.
13.04.2016

Diego zieht in die Dichterschlacht

Diego Hagen aus Rostock, 28 Jahre jung, ist zweifacher MV-Meister im Poetry Slam. Poetry was? Der englische Begriff – auf Deutsch könnte man auch „Dichterschlacht “ sagen – steht für einen literarischen Trend in der Kulturszene, der sich ausgehend vom englischsprachigen Raum in ganz Deutschland etabliert hat. In Mecklenburg-Vorpommern vorn mit dabei: die Unistädte Rostock und Greifswald.

In letztgenannter steckte sich Diego Hagen 2010 mit dem Poetry-Virus an. „Ich kannte das gar nicht, wurde einfach gezwungen“, erinnert er sich. Aber da er schon zuvor eigene Texte geschrieben hatte, passte alles perfekt.

Eine Bühne ohne Requisiten, ein Autor mit einem selbstverfassten Text, fünf Minuten Zeit, das Publikum als Jury – das sind die Zutaten für einen Poetry Slam. Thema und Stil wählt der Slammer selbst, der Text kann sich reimen, muss er aber nicht. Bei Diego Hagen darf er es – mit Einschränkungen. „Solche naheliegenden Sachen wie Herz und Schmerz und Maus und Haus will natürlich keiner hören“, sagt er. Manchmal schränken Reime auch ein – dann lässt er sie weg. Und manches ist inzwischen abgenudelt. „Eine Zeitlang hat mal jeder was zu Facebook gemacht“, sagt der Slam-Poet, der inzwischen in Rostock Deutsch und Englisch fürs Lehramt studiert. Dabei liegen die Themen ja auf der Straße. Stehen in der Zeitung. Kommen aus dem Radio. Wie bekannte Zitate aus Songs, die er zu einem Text verarbeitet hat. Der Ohrwurm steckt nicht in der Melodie, sondern in den Zeilen. Auch literarische Größen zerrt Diego ohne Skrupel vom Sockel.

Wenn er dann im „Club der toten Dichtaz“ Goethe vs. Schiller rappt, stecken darin aber auch Wissen und Wortwitz: Goethe hat zwei Fäuste, Schiller jedoch den Handschuh... Zieht Diego Hagen in die Dichterschlacht, freut er sich besonders auf den direkten Kontakt zum Publikum. „Ich merke sofort, ob mein Text ankommt“, sagt er. „Diesen Vorteil habe ich nicht, wenn ich zu Hause einen Roman oder ein Gedicht schreibe und nicht dabei bin, wenn es die Leute lesen.“ Dafür übersteht er auch das unvermeidliche Lampenfieber: „Was ich dagegen machen kann, weiß ich nicht, es geht einfach nicht weg.“ Zumindest vor dem Auftritt – auf der Bühne ist dann alles gut. Das ist auch gut so, denn 2013 fand in Mecklenburg-Vorpommern die erste MV-Poetry-Slam-Meisterschaft statt. Hier sicherte sich Diego den ersten Titel und das Ticket für den deutschen Ausscheid. „Der ging über mehrere Tage und es haben gut 100 Leute mitgemacht, auch aus Österreich und der Schweiz. Das war wie eine kleine Fußball-EM mit Gedichten“, sagt er.

2014 legte er nach und beendete den deutschen Ausscheid als Zehnter. Im vergangenen Jahr siegte er beim „Master of Slam“, den Mecklenburg-Vorpommerns Hochschulmarketingkampagne „Studieren mit Meerwert“ zum dritten Mal ausgeschrieben hatte.

Die nächste MV-Landesmeisterschaft findet am 21. Mai in Neubrandenburg statt, Poetry Slams gibt es neben Rostock und Greifswald auch in Schwerin, Neubrandenburg und Neustrelitz, in Wismar und auf der Insel Usedom. Diego Hagen hat inzwischen einen festen Platz in der „Slamily“ – wie sich die Slam-Family selbst nennt. „Die Szene ist gut vernetzt – und es entstehen viele Freundschaften“, sagt er. Inzwischen ist er nicht nur Slammer, sondern auch Organisator von Slams, einer, der weiß, wie es ist, da oben zu stehen. Da fehlt eigentlich nur noch eins – kann sich Diego einen Reim auf MV machen? „Klar“, sagt er. „Ich sehe da zwei Norddeutsche vor mir, die sich anschweigen. Und über denen erscheint dann: MV? Genau!“  https://www.facebook.com/diegohagen

Das könnte Sie auch interessieren:
Wrede sprücht Wagner