03.10.2019

Hinstorff schreibt regionale Literatur groß

Der Hinstorff-Verlag von außen.
Das Verlagshaus des Hinstorff-Verlages. Seit 1987 steht hier die Zentrale in der Lagerstraße in Rostock.
Ein Porträt von Deltloff Carl Joachim Hinstorff
Mit gerade einmal 20 Jahren gründete Deltloff Carl Joachim Hinstorff den heute so bekannten Verlag.

Mehr als 450 Buchtitel. Rund 40 Neuerscheinungen pro Jahr. Der Hinstorff-Verlag ist heute einer der bedeutendsten in Norddeutschland. Deltloff Carl Joachim Hinstorff gründete ihn im Jahr 1831 mit gerade einmal 20 Jahren. Heute würde ihm eine steile Karriere nachgesagt werden.

Deltloff Carl Joachim Hinstorff erblickte am 2. Juni 1811 in Wismar als Sohn eines Webers das Licht der Welt. Er war eines von acht Kindern, erreichte aber als Einziger das Erwachsenenalter. Er hatte Glück, denn sein Vater erkannte schnell, was in dem Jungen steckte. Er schickte ihn auf die Wismarsche Bürgerschule. Im Jahr 1826 begann er zunächst eine Lehre als Kaufmann bei Verwandten, wechselte aber bald als Lehrjunge in die Buchhandlung Schmidt und von Cossel. Seine Lehrherren: ein ehemaliger Postbeamter und ein Jäger. Aber der Ehrgeiz des jungen Hinstorff war geweckt. Er hatte seine Leidenschaft gefunden und nahm Privatunterricht. Mit zwanzig Jahren machte er sich selbstständig – in der Stadt Parchim. Warum? Nun, hier hatte das höchste Gericht des Landes, das Oberappellationsgerichts, seinen Sitz und in Ludwigslust gab es ein Lehrerseminar. Parchim war zudem „Amtsstadt“, eine gute Geschäftsgrundlage. Weil Hinstorff noch nicht volljährig war, brauchte er eine Sondergenehmigung des Großherzogs Friedrich Franz I., um die Amtshürden zu überwinden. Erst mit einem Alter von 25 Jahren galt Mann zu jener Zeit als volljährig.

Mit der „Schraepschen Fibel" zur Erfolgsgeschichte 

Vier Jahre später eröffnete Hinstorff eine erste Zweigniederlassung in Ludwigslust, wurde ein Jahr später zum „Hofbuchhändler" ernannt und kaufte 1845 eine Druckerei. Die war wichtig, denn so machte sich Hinstorff vom Kommissions-Buchhandel frei. Sein Geschäft machte sich im Rechts- und Schulwesen sowie in der Theologie schnell einen Namen. Die Schulbücher „Schraepsche Fibel“ und „Schlotterbecksches Rechenbuch“ wurden bei Hinstorff gedruckt. Im Jahr 1849 heißt es wieder Sachen packen. Hinstorff siedelt mitsamt seinem Verlag nach Wismar um. Von hier aus führte eine Bahnverbindung sowohl nach Schwerin, wohin der Großherzog seinen Sitz inzwischen verlegt hatte. Und nach Rostock, wo das Oberappellationsgerichts seinen neuen Sitz verlegte. Und Hinstorff war immerhin der einzige Verleger für juristische Bücher in Mecklenburg. Er gab unter anderem die sechsbändige Gesetzessammlung von Raabe, das „Handbuch für Notarien“ oder „Die Entscheidungen des Oberappelationsgerichts“ in neun Bänden heraus. 

Mit Fritz Reuter zum Durchbruch 

Dann gelang Hinstorff der ganz große Wurf. 1856 gewann er Fritz Reuter den wohl wichtigsten niederdeutschen Dichter Mecklenburgs und damit ein großes Geschäft. Bis 1881 erschienen 156 Auflagen der Werke Reuters mit fast 500.000 gedruckten Exemplaren. Der Verlag schaffte den Sprung auf den Belletristik-Markt. Auch Reuter profitierte als Autor von der Verbindung.  Neben Reuter zählten auch Rudolf Tarnow und John Brinckman zu den besonders erfolgreichen Autoren des Verlages. Sie alle legten den Grundstein für die Ausnahmestellung, die Hinstorff heute noch in der Niederdeutschen Szene genießt.  Aber Hinstorff begann auch schon früh, sein florierendes Geschäft in andere Hände zu legen. Er übergab die Druckereien an seinen Sohn Carl (1843–1884) und seine Schwiegersöhne Louis Eberhardt (1844–1931) und Heinrich Witte (1839–1926), er selbst behielt die reinen Verlagsgeschäfte. Am 11. August 1882 starb Hinstorff in Wismar.

Besitzer- und Firmensitz wechseln

1907 erwarb der junge Buchdrucker Peter Emil Erichson die Hinstorff Druckerei in Rostock. Wenig später kauft er auch die Ludwigsluster Verlagsfirma Hinstorff und verlegt den Firmensitz schließlich ganz nach Rostock.  Dann kam der Krieg. Luftangriffe legen die Rostocker Druckerei, das Verlagsgebäudes in der Lagerstraße 4/5 und in der Langen Straße in Schutt und Asche. Erst 1947 errichten Gesellschafter die Firma Carl Hinstorff Verlag wieder und erhalten die Verlagslizenz. Nach der Wende übernimmt die Heise Medien Gruppe (seit 2015: Heise Gruppe) mit Sitz in Hannover den Betrieb. Christian Heise den Vorsitz in der Geschäftsführung. Die Heise Medien Gruppe baut das Unternehmen weiter aus. Heute finden sich Autoren wie Rolf Schneider, Jurek Becker oder Ulrich Plenzdorf unter dem Dach des Verlags. Das Portfolio ist groß: Kalender, Sachbücher, große Bildbände und vor allem Kinderbücher. 

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