Offener Brief der Theater an Landesregierung

Ausschnitt aus dem offenen Brief.

Die Intendanten und Geschäftsführer der Theater haben sich mit einem offenen Brief an die Landesregierung gewandt. Ziel sei es, dass der Spielbetrieb zum 1. Dezember wieder aufgenommen werden kann. Darüber wolle man gemeinsam reden. Hier das Schreiben und die Antwort von Kulturministerin Bettina Martin im Wortlaut. 

Der offene Brief

Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin Schwesig,

sehr geehrte Frau Ministerin Dr. Martin,

die Leitungen der öffentlich getragenen Theater in Mecklenburg-Vorpommern richten heute ihre gemeinsame Stimme an Sie. Unsere Gesellschaft befindet sich durch die Corona-Pandemie in einer Notlage und natürlich sehen wir es als unsere Pflicht und Verantwortung, unseren Beitrag zur Bewältigung dieser Notlage zu leisten.

Dazu gehört zuallererst, die Gesundheit unserer Mitarbeiter und Besucher zu schützen, entsprechende Hygiene-Vorkehrungen zu treffen und als letzte Maßnahme auch, wo nicht mehr anders lösbar, unseren Spielbetrieb zeitweise einzustellen, um Kontakte unter unseren Besuchern zu verhindern.

Für die Bewältigung der gesellschaftlichen Notlage bringen wir aber weit darüber hinaus zentrale Kompetenz und Verpflichtung mit: Kunst lässt uns unsere Existenz und unsere gesellschaftliche Realität reflektieren. Sie hat zur Aufgabe, die jeweilige Zeitsituation aufzugreifen, zu verarbeiten und zu vermitteln. Kunst und kulturelles Leben geben uns Identität, Halt und Kraft.

Wir sorgen uns, dass unsere zentrale gesellschaftliche Rolle im Gefecht schnell notwendiger Entscheidungen aus dem Blick gerät und unsere Kompetenz und Kraft nicht zu den Menschen gelangt.

Sollten wir alle noch längere Zeit mit der Pandemie leben müssen, so ist es für unsere Gesellschaft von höchster Wichtigkeit, dass der lebendige Kontakt zwischen Künstlern und Publikum aufrechterhalten wird.

Wir müssen gemeinsam darüber reden, auf welche Weise und unter welchen Bestimmungen wir den Spielbetrieb ab dem 1. Dezember auf sichere und verantwortliche Weise wiederaufnehmen können. Auch in den kommenden Wochen und Monaten werden Sie weitere schwierige Entscheidungen, u.a. auch zum Spielbetrieb der Theater treffen müssen. Wir wollen mit Ihnen zusammenarbeiten, um unsere Möglichkeiten bei der kulturellen Bewältigung der Pandemie ausspielen zu können und um Mecklenburg-Vorpommern als Land voller Lebensqualität, Natur und Kultur, gerade auch in herausfordernden Zeiten, zu erhalten.

Mit freundlichen Grüßen,

Martin Schneider

Vorpommersche Landesbühne, Anklam

Sven Müller und Malte Baehr

Theater und Orchester GmbH Neubrandburg/Neustrelitz

Ralph Reichel und Cornelia Ascholl

Volkstheater Rostock

Dirk Löschner und Peter van Slooten

Theater Vorpommern, Stralsund, Greifswald und Putbus

Lars Tietje

Mecklenburgisches Staatstheater, Schwerin und Parchim

 

Die Antwort von Kulturministerin Bettina Martin

„Es ist ein harter und bitterer Schritt, dass Theater, Museen und andere Kultureinrichtungen nun wieder geschlossen sind – zu einem Zeitpunkt, als die Theater gerade wieder in ihre Spielzeiten gestartet waren und sie weitreichende Maßnahmen ergriffen hatten, um einen sicheren Theaterbetrieb unter Pandemiebedingungen zu ermöglichen.

Doch so bitter diese weiteren Einschnitte ins gesellschaftliche und kulturelle Leben sind, so notwendig sind sie leider auch. Denn um diese Krise zu bewältigen, müssen wir angesichts der auch in Mecklenburg-Vorpommern besorgniserregend steigenden Infektionszahlen die Kontakte so weit wie möglich beschränken. Ich bedanke mich deshalb ausdrücklich bei den Intendanten der öffentlich getragenen Theater in unserem Land, dass sie diese Verantwortung wahrnehmen und das Ihre dafür tun, um diese schwierige Notlage in unserem Land gemeinsam zu bewältigen.

Doch ich teile gleichzeitig auch ihre Sorgen um die Situation von Kunst und Kultur und vor allem um die existenzielle Situation so vieler Kulturschaffenden. Jetzt muss es darum gehen, dass die Hilfsprogramme, die von Bund und Ländern aufgesetzt werden, die Kulturschaffenden in den Blickpunkt nehmen. Es darf beispielsweise nicht wie zu Beginn der Pandemie im Frühjahr erneut passieren, dass die besondere Lebens- und Arbeitssituation der freischaffenden Künstlerinnen und Künstler bei den Bundesprogrammen nicht angemessen mitgedacht werden. Ich bin deshalb froh über die Signale aus Berlin, dass die Konditionen der Überbrückungshilfen so angelegt werden sollen, dass sie auch den soloselbständigen Künstlern zugutekommen können. Dafür habe ich mich gemeinsam mit den anderen Kulturministerinnen und -ministern der Länder auf Bundesebene sehr eingesetzt. 

Aber auch über den November hinaus brauchen wir weiterhin passgenaue Unterstützungsprogramme für Kunst und Kultur, damit es gelingt, unsere vielfältige und reiche Kulturszene über diese Krise zu retten.

Dazu gehört natürlich auch, dass bereits jetzt darüber gesprochen wird, wie der Spielbetrieb nach diesem Wellenbrecher wiederaufgenommen werden kann. Sehr gern nehme ich deshalb das Angebot der Intendanten an, die kommenden Wochen dafür zu nutzen, um im gemeinsamen Gespräch Optionen zu entwerfen und den Wiedereinstieg gut vorzubereiten. Bereits in den vergangenen Monaten standen wir in einem guten Austausch. Kunst und Kultur sind mehr als Unterhaltung und Zeitvertreib. Wir brauchen sie für unsere offene, lebendige und demokratische Gesellschaft - gerade auch in solchen gesellschaftlichen Krisenzeiten.“