Ein Denkmal von Martin Luther in Worms. Den Hintergrund füllen eine blasse Collage aus Zeilen aus der Bibel und Kirchenbänken.
06.02.2017

Es luthert

Der neugotische Chorraum mit seinem gold-blauen Deckengewölbe. Vor bunten Glasfenstern steht der Altar. Links und rechts befinden sich Sitzbankreihen. An den Seiten ragen die Emporen hervor.
Schlosskirche Schwerin

2017 – für die evangelische Kirche ist das ein bedeutendes Jahr: Vor 500 Jahren hat die Reformation ihren Anfang genommen. Bis heute haben Martin Luther (1483-1546) und seine Ideen an Relevanz nicht verloren. 

Nachdem Martin Luther 1517 in Wittenberg seine Thesen veröffentlicht hatte, breitete sich das neue Wort von der Kanzel schnell aus und erreichte auch Mecklenburg. An der Rostocker Petrikirche zum Beispiel war es Joachim Slüter, der sich der neuen Lehre verschrieben hatte und für deren Popularität in der Universitätsstadt sorgte. Slüter war wortgewandt und predigte durchaus schon mal auf Plattdeutsch, was seine Gemeinde freute und die Anhänger des katholischen Glaubens ärgerte. Sogar von Morddrohungen gegen den eifrigen Reformator ist die Rede, was jedoch alles nichts nützte: 1531 wurde Rostock evangelisch.

Reformatoren erreichen Schwerin

Nach Schwerin kam die Reformation unter anderem durch einen Mann namens Ägidius Faber, der Martin Luther in Wittenberg kennen gelernt und auf dessen Empfehlung die Stelle als Prediger angetreten hatte. Im Dom hatte in den Jahrhunderten zuvor ein in Japsis eingeschlossener Blutstropfen, angeblich von Jesus Christus stammend, für Furore und Pilgerströme gesorgt. Die von Graf Heinrich von Schwerin in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts von einem Kreuzzug mitgebrachte Reliquie muss sehr bedeutsam gewesen sein. Sie ist ein Grund für die Dimension der städtischen Kathedrale, die für die damalige Einwohnerzahl viel zu groß war. Faber war das Spektakel um den Schrein jedoch ein Dorn im Auge – und so wetterte er in einer 1533 erschienenen Schrift gegen das „falsche Blut und Abgott im Thun zu Schwerin“.

Kirchenneubau in Schwerin

1549 war es dann soweit: Auf einem mecklenburgischen Landtag an der Sagsdorfer Brücke bei Sternberg erkannten Stände und Ritterschaft die Reformation an. Forciert wurde diese Entscheidung von Herzog Johann Albrecht I., der von seinem Studium an der Universität von Frankfurt/Oder als überzeugter Protestant in seine Heimat zurückgekehrt war. Als der Fürst 1560 den Bau einer Hauskapelle in seiner Residenz in Auftrag gab, spielte der Gedanke der Reformation dabei eine große Rolle: Die Schweriner Schlosskirche ist der erste reformatorische Kirchenneubau Mecklenburgs. Sie entstand nach dem Vorbild der Kapelle auf Schloss Hartenfels in Torgau, die 1544 von Luther selbst geweiht und von seinen Vorstellungen eines Gottesdienstraumes geprägt worden war. 1563 war die Schlosskirche fertig: ein rechteckiger Raum mit einem hervorgehobenen Platz für die Kanzel zur Verkündigung von Gottes Wort. An der Stirnseite befand sich ein Altar, der heute im Staatlichen Museum zu sehen ist. Doch nicht nur die Zeiten ändern sich, sondern auch das ästhetische Empfinden: Als Mitte des 19. Jahrhunderts Großherzog Friedrich Franz II. das Schloss zum repräsentativen Wohnsitz ausbaute, rückten auch in der Kapelle Künstler und Bauleute an. Die Schlosskirche erhielt einen neogotischen Altaranbau mit bunten Glasfenstern und auch die Sternenhimmeldecke, die sich heute über dem Sakralraum wölbt, stammt aus dieser Zeit.

Katholisches Zwischenspiel

Im 17. Jahrhundert sorgte dann ein Urenkel Johann Albrecht I. in Mecklenburgs erstem reformatorischen Kirchenneubau für eine „katholische“ Episode. Christian I. Louis war 1663 in Frankreich vornehmlich aus politischem Kalkül zum Katholizismus konvertiert und hatte zwei Jahre darauf vom Reichstag die Erlaubnis erwirkt, die Heilige Messe in seiner Hauskapelle zu feiern. Allerdings blieben die katholischen Gottesdienste in der Schlosskirche nur eine Randnotiz: Der Herzog starb kinderlos und die Rückkehr eines mecklenburgischen Fürsten zur katholischen Kirche blieb ein Intermezzo.

Text und Foto: Katja Haescher