Ein gezeichnetes Porträt von Gret Palucca.
21.04.2016

Gret Palucca - ein Leben für den Tanz

Die Gret Palucca kannten, nennen sie gern einen „Inselmenschen“. Der erste Grund ist offensichtlich: Palucca hat sich auf Inseln stets wohlgefühlt, ihre Liebe zu Hiddensee hielt drei Jahrzehnte, bis zu ihrem Tod. Der zweite Grund: Auch in ihrem Beruf wirkte sie auf viele wie die Herrscherin über eine Insel, diese Insel war der Tanz.

Zeit ihres Lebens verteidigte Gret Palucca diese Insel gegen alle Wogen, die gegen sie brandeten. 1902 in München als Margarete Paluka geboren, starb Gret Palucca 1993 in Dresden. Ihr Grab findet man jedoch an jenem Ort, den sie am meisten liebte - auf Hiddensee, an der Inselkirche. Palucca gilt als eine der bedeutendsten deutschen Tänzerinnen und Tanzpädagoginnen. Als Schülerin von Mary Wigman begann sie Wege abseits zu suchen, die vom klassischen Tanz wegführten. Bis heute wird Gret Palucca weltweit für ihren leichten, musikalischen Stil verehrt, der keinen Platz für Pathos, aber viel Raum für Improvisation lässt. Sie selber hat dies einmal so ausgedrückt: „Meine Tänze haben keinen anderen Inhalt und Sinn als eben den Tanz, die natürliche Bewegung, gestaltet im Gleichklang mit der Musik.“ 1925 baute sie eine Schule für modernen Tanz auf, die es unter der Bezeichnung „Palucca Hochschule für Tanz Dresden“ bis heute gibt.

Der „Neue Künstlerische Tanz“

Bei dem Versuch, ihr „Kind“, den Ausdruckstanz, zu schützen und zu fördern, lavierte Gret Palucca durch die politischen Systeme, in denen sie lebte und arbeitete. 1939 schlossen die Nationalsozialisten Paluccas Dresdner Schule, weil sie nach anfänglicher Begeisterung herausbekommen hatten, dass Palucca eine jüdische Mutter hatte. In der DDR rieb sie sich, im Dienste ihrer Kunst stehend, an der Kulturpolitik. Der „Neue Künstlerische Tanz“, wie sie ihren Stil betitelte, stieß auf wenig Gegenliebe. 1959 ging Gret Palucca in den Westen, nahm aber sofort Gespräche über ihre Rückkehr auf. Sie hatte Erfolg: 1960 erhielt sie den Nationalpreis der DDR. Die Bedeutung der Insel Hiddensee, des „söten Länneken“, für Gret Paluccas Schaffen kann gar nicht genug gewürdigt werden. Seit 1948 kam sie zum Ausspannen und Ausprobieren hierher, regelmäßig lud sie Elevinnen und Eleven zu Sommerkursen ein, die Palucca am Strand oder in ihrem wildrosenschönen Garten abhielt.

Die Erinnerung tanzt weiter

Hiddensee hatte damals bereits einen respektablen Ruf als Künstlerkolonie, den unter anderem der Dramatiker Gerhard Hauptmann und die Schauspielerin Asta Nielsen begründet hatten. 1960 kaufte Gret Palucca ein 1500 Quadratmeter großes Grundstück in der Gemeinde Vitte, direkt am Deich. Das reetdachgedeckte Haus, das ihr bis zu ihrem Tod als Rückzugsort und Tanzstudio dienen sollte, ist im Bauhaus-Stil gehalten. Es hat nur drei Zimmer, Küche und Bad, aber vor der Haustür liegt die unendliche Weite der Ostsee. „Auf Hiddensee liegen die Wurzeln des Ausdruckstanzes“, urteilt Paluccas Biograf Rolf Stabel. Auch die Anfangsjahre des wiedervereinigten Deutschland erlebte die hochbetagte Tanzkünstlerin Gret Palucca mit. 1992 wurde ihr wegen ihrer Verdienste das Große Bundesverdienstkreuz verliehen. Weniger schön ging die Geschichte ihres Hauses auf Hiddensee aus. 2009 wurde es versteigert und musste einem Ferienhaus Platz machen. Die Erinnerung halten Dresdner Tanzschülerinnen und -schüler hoch. Jedes Jahr im Sommer veranstalten sie auf Hiddensee eine „Tanzwoche“ zu Gret Paluccas Ehren.