Günther Uecker ist tot
Günther Uecker, einer der wichtigsten deutschen Künstler, ist tot. Er starb am frühen Dienstagabend im Alter von 95 Jahren.
Bis ins hohe Alter arbeitete Uecker in seinem Atelier in einem Speicher. Der am 13. März 1930 in Wendorf geborene und auf der Halbinsel Wustrow aufgewachsene Mecklenburger kam Mitte der 1950er-Jahre nach Düsseldorf an die Kunstakademie, wo er blieb und später auch Professor wurde.
Bekannt wurde Günther Uecker vor allem mit seinen Nagelbildern. Großformatige Reliefs von ihm hängen heute in den großen Museen der Welt. Für Uecker waren die Nagelbilder „Ausdruck der poetischen Kraft des Menschen“.
Im Jahr 1957 griff er erstmals zum Nagel. Seine Kunst ging jedoch weit über Nagellandschaften hinaus. Er arbeitete mit Papier, Holz, Stoff, Stein, Asche und Sand. Uecker malte Aschebilder nach der Tschernobyl-Katastrophe, kämpfte für das indigene Volk der Navajo und stellte auf Stoffe gemalte Menschenrechtsbotschaften in Peking aus. „Das Thema meiner künstlerischen Arbeit ist die Verletzbarkeit des Menschen durch den Menschen“, sagte der mit vielen Preisen ausgezeichnete Uecker, als er im Jahr 2000 in den Orden Pour le mérite aufgenommen wurde. Auch aufsehenerregende Bühnenbilder gehören zu Ueckers Werk, ebenso wie der Andachtsraum im Berliner Reichstag. Hunderte von Nägeln durchbohren dort ein Kreuzmotiv.
Die Verbundenheit mit der Heimat war immer tief. So ließ Uecker ein Nagelbild versteigern, dessen Erlös von rund 400.000 Euro er an die Kirchengemeinde der Ostseegemeinde Rerik für neue Kirchenglocken spendete. In Rerik bei Wustrow war Uecker einst zur Schule gegangen.
Noch in hohem Alter gestaltete Uecker vier große blaue Glasfenster für den Schweriner Dom. Als Ende 2024 die himmelblauen Fenster im Schweriner Dom eingeweiht wurden, kam das für ihn einer Heimkehr gleich. „Meine Tränen flossen, meine Gefühle übermannten mich bei der Einweihung der Fenster“, bekannte Uecker im Interview der Rheinischen Post. „Der Ort der Sehnsucht ist die Heimkehr.“
„Die Begegnung mit seinem Werk war für mich immer auch eine persönliche“, sagt Ministerpräsidentin Manuela Schwesig über Günther Uecker. „Besonders die vier blauen Glasfenster, die er im hohen Alter für den Schweriner Dom geschaffen hat, bedeuten mir sehr viel. Sie berühren mich jedes Mal aufs Neue. Sie stehen für alles, was seine Kunst ausmachte: Tiefe, Spiritualität, Kraft und Menschlichkeit. Diese Fenster sind für unser Land ein großes Geschenk – und ein bleibendes Zeichen seiner Rückkehr in die eigene Geschichte.“
„Mit Günther Uecker verliert Mecklenburg-Vorpommern einen großen zeitgenössischen Künstler und Freund“, sagt Kulturministerin Bettina Martin. „Die Verbindung zu seiner Heimat war für Uecker stets eine Herzensangelegenheit. Günther Uecker und sein Werk werden immer ein Teil Mecklenburg-Vorpommerns sein.“
„In großer Dankbarkeit für seine Verbundenheit mit dem Schweriner Dom bin ich in Trauer und Mitgefühl bei seiner Familie und allen, die um ihn trauern“, so die Landesbischöfin der Evangelisch-Lutherischen Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt. „Im Schweriner Dom, der Teil des Schweriner Weltkulturerbe-Ensembles ist, wird ein besonders eindrückliches Werk dieses Künstlers von Weltrang weiter und beständig zu sehen sein und mit ihm und seiner Kunst verbinden.“
Die Uecker-Fenster im Schweriner Dom
Mit einem Festgottesdienst im Schweriner Dom sind am 1. Dezember 2024 die letzten zwei von vier Kirchenfenstern nach Entwürfen Günther Ueckers liturgisch in Dienst gestellt worden. Die Domkirchengemeinde und ihr Förderkreis hatten 15 Jahre auf diesen Tag hingearbeitet.
Unser Beitrag vom 1. Dezember 2024 (Wiederholung)
Ueckers Entwürfe unter dem Titel „Lichtbogen“ wurden von den Glasstudios Derix in blaues Glas gewandelt. Die 130 Glasfelder auf ca. 62 Quadratmetern sind im Dom in den Fenstern des südlichen und nördlichen Querhauses angeordnet worden. Das Ensemble aus vier Fenstern ist vom Altar aus sichtbar.
„Die Fenster lichten das Querhaus, färben Wände und Pfeiler. Günther Uecker hat in das alte Gehäuse tief hineingelauscht“, sagte Volker Mischok, der ehemalige Schweriner Domprediger. „Der Dom gewinnt zwei blaue Kapellen. Seine Lichtbogen fügen sich zu Triumpfkreuz und Altar.“
„Günther Uecker hat uns mit seinen Fenstern ein wunderbares Geschenk gemacht. Danke für Ihre Idee. Danke für die Kunstwerke”, sagte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig an den berühmten Künstler gewandt. „Und danke für die Zeit, die Sie sich genommen haben. Im Dom, wo Sie sich eingelassen haben auf die Geschichte und die Atmosphäre dieses Bauwerks: bei den Entwürfen, bei der Zusammenarbeit mit der Gemeinde und auch bei der Fertigstellung. Danke auch, dass Sie heute nach Schwerin gekommen sind. Wir freuen uns sehr!“
Günther Uecker wurde vor 94 Jahren im mecklenburgischen Wendorf geboren. Er wuchs auf der Halbinsel Wüstrow bei Rerik auf, ehe er 1953 nach Westberlin ging und sich später in Düsseldorf niederließ. Der weltweit tätige Künstler hatte 2009 im Schweriner Dom seine Ausstellung „Dialog“ gezeigt. Mit den Friedensbotschaften aus dem Alten Testament und dem Koran und vielen weiteren Kunstprojekten, unter anderem der Gestaltung des Andachtsraumes des Deutschen Bundestages im Berliner Reichstagsgebäude und den Kirchenglocken im Ostseebad Rerik, ist er zum Mittler zwischen den Kulturen und Religionen geworden. Günther Uecker ist mit dem Verdienstorden des Landes Mecklenburg-Vorpommern geehrt worden. Der Orden wurde ihm am Sonntag von Manuela Schwesig überreicht.
Finanzieren konnten Kirchengemeinde und der Förderkreis des Schweriner Domes e.V. die vier Uecker-Fenster mit dem Titel „Lichtbogen“ durch die Förderung der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, durch Mittel der Kulturprojektförderung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, eine gemeinsame Zuwendung der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und der Sparkasse Mecklenburg-Schwerin, durch Mittel des Evangelisch-Lutherischen Kirchenkreises, der Sammlung Lenz Schoenberg sowie Spenden von Schweriner Bürger/innen.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth zeigte sich erfreut vom Ergebnis: „Der Schweriner Dom gehört zu den herausragendsten baulichen Zeugnissen der norddeutschen Backsteingotik. Die von Günther Uecker gestalteten modernen Kirchenfenster lassen den historischen, farbigen Raumeindruck dieses bedeutenden Denkmals wieder aufleben. Ich bin überzeugt, dass die leuchtenden Gläser viele Besucherinnen und Besucher des Doms in ihren Bann ziehen werden.”
Der Schweriner Dom sei schon lange ein Wahrzeichen der Landeshauptstadt und gehöre zum Residenzensemble, das die Unesco in diesem Jahr als Weltkulturerbe anerkannt hat, betonte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig. „Die Fenster passen zu unserem Unesco-Weltkulturerbe. Sie passen zu Schwerin. Das ist wirklich gelungen! Und ich freue mich ganz besonders, dass wir nach den großartigen Fenstern von Olafur Eliasson für den Greifswalder Dom, die von den Farben Caspar David Friedrichs angeregt sind, nun auch in Schwerin Kirchenfenster haben, die Alt und Neu so schön verbinden."
Kristina Kühnbaum-Schmidt, Landesbischöfin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland, sagte am Sonntag: „Das wunderbare Licht, das durch die Uecker-Fenster in den Schweriner Dom fällt, erinnert wie das Licht aller Kirchenfenster an Christus, der von sich sagt: ,Ich bin das Licht der Welt.’ Christus ist das Licht, das beständig da ist und noch in tiefster Finsternis Hoffnung schenkt. Die Uecker-Fenster im Schweriner Dom laden zur Erfahrung dieses Lichtes ein.“
„Wir freuen uns, dass es gelungen Ist, dem Werk Gunter Ueckers in seiner Heimat an diesem besonderen Ort einen festen Platz zu geben“, so Landrat Stefan Sternberg, Vorsitzender des Landeskuratoriums der Ostdeutschen Sparkassenstiftung in Mecklenburg-Vorpommern.
Günter Uecker sei auf vielfältige Weise mit der Stadt Schwerin verbunden, sagte Manuela Schwesig. „Wir haben das Glück, eine größere Anzahl der Werke von Günter Uecker im Bestand unseres Staatlichen Museums zu haben. Jetzt gibt es im Dom ein weiteres Werk dieses vielseitigen Künstlers zu sehen.“