02.04.2019

Man sieht ja gar nichts!

Was haben Sie denn da gemacht? Man sieht ja gar nichts! - Genau so soll es sein, denn wenn Restauratoren wie Cora Zimmermann und Claudia Köhler Hand an ein Kunstobjekt legen, dürfen sie die Arbeit des Künstlers nicht verändern, keine Spuren hinterlassen. Wie bei der Metallskulptur „Stelzenläufer" von Jo Jastram. Kultur-MV hat genau hingeschaut.

Schuld an allem hatten die Lunker. Vermutlich. Genau kann das niemand sagen. Die Lunker zumindest sind kleine Blasen, die sich im Metall bilden, wenn beim Gießen Luft eingeschlossen wird. „Die Gießer können nichts dafür, so kann man nicht verhindern", erklärt Restauratorin und gelernte Goldschmiedin Cora Zimmermann

im Schloss Güstrow und zeigt auf die nur wenige Millimeter dicke Stelze von einem der vier Läufer. „Die hatte es beim Transport erwischt."

Ein Fall für die Spezialistin

„Das musste früher oder später passieren", sagt Restauratorin Claudia Köhler. „Die Verbindungen bei der Skulptur von Jo Jastram sind fast schon zu dünn für das Gewicht der Läufer." Und so wurden die Stelzenläufer auch ein spezieller Fall, zu speziell für die Werkstatt der Staatlichen Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen MV (SSGK), in der Claudia Köhler ihr Reich hatte. Das Metall und die filigrane Verarbeitung brachte die Werkstatt einfach an die Grenzen ihrer Möglichkeiten. Möglichkeiten über die Cora Zimmermann verfügte, deren Werkstätte sich auf dem Gelände des Historisch-Technischen Museums Peenemünde befindet und auf Metall-Restaurierung spezialisiert ist. „Nur sie kann es. Nur sie verfügt über die Möglichkeiten und speziellen Werkzeuge", erläutert Claudia Köhler. Denn die Restaurierung eines so großen Objektes benötigt spezielles Werkzeug zum Bohren, Löten und Kleben.

Arbeiterinnen im Unsichtbaren

„Unsere Arbeit sollte unsichtbar sein. Die Stelze darf hinterher nicht kürzer, dünner oder andersfarbig hervorstechen", so die gelernte Goldschmiedin, die seit 2016 als freischaffende Metallrestauratorin arbeitet. Bevor sie Hand an „die Stelzenläufer" legte, wägte sie wochenlang alle Möglichkeiten ab. Schweißen. Kleben. Stabilisieren.  Der Eingriff selbst ging dann recht schnell. „Ich habe die Stelze angebohrt, eine Seele - einen dünnen Metallstift - als Verstärkung eingesetzt und die Stelze zusätzlich verklebt" berichtet die Usedomerin. „Schweißen und Löten wären deutlich schneller gegangen, hätten aber einen zu großen Eingriff bedeutet. Ich hätte etwas wegnehmen oder hinzufügen müssen und das hätte die Skulptur zu stark verändert."  Das Ergebnis sollte nun künftigen Transporten Stand halten. „Dennoch werden wir künftig Vorsicht walten lassen und die Stelzenläufer nur noch an Ausstellungen verleihen", fügt Schlossleiterin Dr. Regina Erbentraut hinzu. Denn wer wisse schon, wo noch weitere Lunker im Metall lauern. 

Endlich zurück: Ankunft der Stelzenläufer im Schloss Güstrow

Ein Mann schraubt eine Holzkiste auf.
Im März brachte Restauratorin Cora Zimmermann "Die Stelzenläufer" zurück ins Schloss Güstrow. Sammlungsverwalter Ralf Jaitner öffnet die schwere Transportkiste.
Zwei Frauen stehen vor Metallskulpturen. Eine von ihnen leuchtet mit einer Taschenlampe auf eine Figur.
Alles heil geblieben! Mit Expertinnenblick prüfen die beiden Restauratorinnen Cora Zimmermann (hinten) und Claudia Köhler die Skulptur.
Eine Frau zeigt mit dem Finger auf eine Metallskulptur.
Goldschmiedin und Metallrestauratorin Cora Zimmermann zeigt die Bruchstelle. "Die Skulptur ist so filigran gearbeitet", sagt sie.
Ein Finger zeigt auf einen dünnen Stab an einer der Skulpturen.
Es würde sie nicht wundern, wenn die Skulptur schon den Metallgießern Kopfzerbrechen bereitet hätte.
Zwei Frauen öffnen eine Holzkiste.
Um künftige Schäden zu vermeiden, soll Jo Jastrams Arbeit künftig nur noch an Ausstellungen verliehen werden.
Eine Frau hält eine Zeichnung der Skulpturen in den Händen.
Im Archiv des Schlosses befindet sich übrigens auch die Zeichnung zu den Stelzenläufern, wie Schlossleiterin Dr. Regina Erbentraut zeigt.