28.09.2025

Bei Bernhard Schrock und Bianka Marshall

Ein Mann und eine Frau stehen in einem Atelier. Ein Bild hängt zwischen ihnen.
Seit mehr als zehn Jahren teilen sich Bianka Marschall und Bernhard Schrock ein gemeinsames Atelier.

Zwei Handschriften, ein Atelier: Im Haus seines Großvaters teilen sich Bernhard Schrock und Bianka Marshall einen Kunstraum und eine stille, künstlerische Verbindung. MV kaufte ihre Werke für die Landeskunstsammlung.

Seit den 1980er-Jahren lebt der Künstler Bernhard Schrock im Haus seiner Großeltern. Bianka Marshall kam irgendwann dazu. Gemeinsam haben sie sich dort ein Atelier eingerichtet. Ein Ort, der nicht nur Arbeitsraum, sondern auch Rückzugsort ist. Ein kreatives Duo, das sich durch sehr unterschiedliche, aber sich ergänzende künstlerische Handschriften auszeichnet.

Kunst als Prozess, nicht als Produkt

Bernhard Schrock stellt seine Werke zur Seite, holt sie später wieder hervor. Manchmal verwirft er sie, manchmal überarbeitet er sie erneut. Er sagt: „Ich muss mich auch zu dem Zustand bekennen. Sonst übermale ich es wieder.“ Seine Arbeiten entstehen in Phasen – tastend, suchend. Schnipsel liegen oft am Boden. Jedes Werk bleibt ein offenes Experiment. Schrock betont: „Ich weiß nicht, wo ich ankomme.“

Gedichte sind für ihn Auslöser: ein Vers, ein Bild, eine Idee. Die Grenzen zwischen Malerei, Text und Gefühl verschwimmen. Für Bianka Marshall ist das typisch für seine Arbeitsweise. Sie nennt ihn einen „Grenzgänger zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion“. Seine Methode: Werke auswaschen unter der Dusche, Schichten entfernen, neu beginnen.

„Ritsch Ratsch“ – Arbeiten mit Papier und Widerstand

Bianka Marshall arbeitet ganz anders. Sie beginnt mit Struktur. Papier, Pappe, Acrylfarbe und Stifte bilden die Grundlage. Ihre Werke entstehen in Schichten: aufbauen, zerstören, wieder aufbauen. Sie sagt: „Im besten Fall weiß ich nicht, dass ich es gemacht habe.“ Für sie zählt der intuitive Moment, der Widerstand des Materials, der Bruch.

Marshall arbeitet konzentriert. Nie an mehr als zwei Arbeiten gleichzeitig. Natur inspiriert sie, Stille braucht sie. Morgens beginnt sie, wenn das Licht weich ist. Bernhard Schrock dagegen arbeitet abends – in anderen Rhythmen, mit anderer Energie.

Zwei Handschriften, ein gemeinsamer Raum

Seit über zehn Jahren teilen sich Marshall und Schrock ihr Atelier. Ihre Werke wirken unterschiedlich – doch ein gemeinsames Thema verbindet sie: die Suche nach Form, ohne Plan. Beide bewegen sich zwischen Ordnung und Zufall, Struktur und Auflösung. Sie sagt über ihn: „Er findet sich mit Farbe.“ Er sagt über sie: „Biankas Kunst ist lyrisch wie ein Gedicht.“

Beide haben ihre Handschrift gefunden – über Jahre, im Austausch, im Rückzug. Das gemeinsame Arbeiten zeigt sich nicht in gleichen Bildern, sondern im Respekt vor dem anderen Prozess.

Bilder stehen an einem Sofa. Und hängen an der Wand darüber.
Bianka Marschall arbeitet vor allem mit Pappe, Acryl, Stiften und Übermalungen. Ihre künstlerischen Prozesse sind lyrisch und intuitiv – sie baut Formgefüge, Verbindungen und reine Papiercollagen auf, schichtet Untergründe, zerstört sie teilweise wieder und schafft so komplexe Strukturen, in denen man oft kaum erkennt, dass sie selbst die Urheberin ist.
Eine Frau hockt in einem Atelier und betrachtet ein Bild.
Bernhard Schrock hingegen ist ein Grenzgänger zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion. Er findet sich in der Farbe und braucht feste Strukturen. Sein Prozess beginnt oft mit dem Lesen von Gedichten, die sofort Bilder in seinem Kopf entstehen lassen.
Malutensilien. Farben. Pinsel. Im Hintergrund Bilder.
Beide teilen ihre Arbeitszeiten auf: Bianka arbeitet morgens, Bernhard abends. Der Prozess, ihre persönliche Handschrift zu finden und gleichzeitig künstlerisch zusammenzuführen, war für beide nicht einfach, aber bereichernd.
Ein Mann und eine Frau reden. Im Vordergrund Papierschnipsel auf einem Tisch.
Für ihre Arbeit braucht Bianka Marshall Ruhe und Anregung aus der Natur. Sie arbeitet meist morgens, konzentriert sich auf maximal zwei Kunstwerke parallel und ist in ihrem kreativen Schaffen sehr reflektiert: Nicht alles wird angenommen, es muss ihr gefallen.
Eine Frau in einem Atelier. Utensilien in einem Regal. Bilder an der Wand.
Das Zusammenspiel der beiden Kunstschaffenden ist ein Dialog zwischen zwei sehr individuellen Herangehensweisen.
Schnipsel auf dem Boden. Bilder lehnen im Hintergrund.
Bernhard Schrock war als Künstler in seiner Familie zunächst eher zurückhaltend, überarbeitet seine Arbeiten oft mehrfach, wenn sie ihm zu dunkel oder kontrastarm sind.
Eine Frau betrachtet ein Bild. Im Vordergrund Pinsel und Farbe auf einem Tisch.
Bernhard Schrocks Werke sind geprägt von Collagen, Übermalungen und Malerei – mit Materialien wie Acryl, Tusche und Kreide.
Ein Bild lehnt an einer Wand. Auf dem Boden liegen Papierschnipsel.
Bianka Marshall erzählt über Bernhard Schrock: Er wäscht seine Werke unter der Dusche manchmal aus, um Überlagerungen und Durchscheinendes zu erzielen.
Ein Mann und eine Frau stehen in einem Atelier. Ein Bild hängt zwischen ihnen.

Bianca Schrock

Bianka Marschall wurde 1969 in Crivitz geboren und absolvierte zunächst eine Ausbildung zur Maßschneiderin mit einer Tätigkeit am Staatstheater Schwerin. Im Zeitraum von 1996 bis 2000 studierte sie an der FHTW Berlin im Fachbereich Gestaltung bei Prof. Wulff Sailer und Prof. Andrea Engelmann und schloss das Studium mit einem Diplom ab.

Seit 2001 engagiert sie sich intensiv in kunstpädagogischen Projekten für Kinder und Jugendliche. Dabei arbeitet sie sowohl freiberuflich als Künstlerin als auch als Museumspädagogin, u. a. in der Kunstsammlung Neubrandenburg. Zu ihren künstlerischen Schwerpunkten zählen Collagen, Übermalungen und Werke, die häufig Landschaften oder Innenräume thematisieren. Ihre Arbeit lebt vom spielerischen Umgang mit Materialien wie Tusche, Acryl, Graphit und Ölpastell sowie mit bearbeitetem Papier.

Bianka Marschalls Werke wurden mehrfach in MV ausgestellt, etwa in der Galerie der Mecklenburg-Strelitzer Sparkasse und der Galerie Hinter dem Rathaus in Wismar. Sie ist seit 2006 Mitglied im Künstlerbund MV und beteiligt sich regelmäßig an Ausstellungen; 2009 erhielt sie ein Stipendium vom Kunstmuseum Schwaan.

Ein Mann vor einer Malerei. Daneben Skizzen.

Bernhard Schrock

Bernhard Schrock wurde 1953 in Neubrandenburg geboren. Nach einer Schlosserlehre arbeitete er in verschiedenen Berufen, bevor er sich autodidaktisch künstlerisch weiterbildete. Seit 1980 ist er freischaffend als Maler und Grafiker tätig und lebt sowie arbeitet in Podewall bei Neubrandenburg.

Bernhard Schrocks Arbeiten sind geprägt von Malerei, Grafik, Monotypien und Übermalungen. Er sieht sich selbst als Grenzgänger zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit und erschafft neue Kontexte durch Überlagerung und Abwandlung vorhandener Formen. Inspiration findet er in Musik, Lyrik und Alltagsmotiven; seine Werke entstehen durch die Verbindung von Acrylfarben, Tusche und Collage-Technik. Dabei bevorzugt er das offene, Fließende und das Gefühlte, ohne ins Willkürliche abzugleiten.

Seit 1981 nimmt Bernhard Schrock an zahlreichen Pleinairs, Workshops, Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland teil. Seine Werke wurden in namhaften Galerien in MV gezeigt, unter anderem in der Sparkasse Mecklenburg-Strelitz und im Kunsthaus Bützow. Er ist langjähriges Mitglied im Künstlerbund MV sowie im Verband Bildender Künstler (VBK).

Bernhard Schrock erhielt verschiedene Stipendien, darunter Arbeitsstipendien des Landes, internationale Pleinair-Stipendien und Preise von Stiftungen in der Schweiz und der Türkei.