„Kulturpolitik braucht Beteiligung“

Ein Porträt von Bettina Martin.
Kulturministerin Bettina Martin

Bettina Martin ist seit dem 22. Mai 2019 Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur in Mecklenburg-Vorpommern. Den groß angelegten Beteiligungsprozess zur Entwicklung von kulturpolitischen Leitlinien gemeinsam mit dem Landeskulturrat, mit Künstlerinnen und Künstlern und allen anderen kulturell Engagierten will sie weiterführen. Im Interview zieht sie eine positive Zwischenbilanz. 

Frau Martin, was versprechen Sie sich von kulturpolitischen Leitlinien?

Mecklenburg-Vorpommern hat ein vielfältiges Kulturangebot. Die freie Szene trägt entscheidend dazu bei, dass gerade im ländlichen Raum kulturell viel passiert. Bei meiner Sommertour Anfang August habe ich viele Eindrücke davon bekommen. Begeistert hat mich vor allem das große Engagement der Beteiligten vor Ort – ob beim Besuch von Schloss Bröllin, beim Treffen auf Burg Klempenow oder bei der Schreiadleroper der Opernale. Mit den kulturpolitischen Leitlinien wollen wir Kerngedanken formulieren, was uns bei all diesen und anderen Projekten wichtig ist. Wir wollen die Kulturpolitik zukünftig daran ausrichten. Ziel ist also eine konzeptgeleitete Kulturpolitik. Bei der Kulturförderung wollen wir manche Entscheidung nachvollziehbarer machen. 

Wie wichtig ist Ihnen der Beteiligungsprozess?

Sehr wichtig. Wenn wir erreichen wollen, dass sich die Kulturszene mit den Leitlinien identifiziert und sie lebt, dann müssen wir sie natürlich auch gemeinsam mit den Beteiligten entwickeln. Nur das ist ein echter Dialog. Die große Beteiligung an den Regionalen Kulturkonferenzen spricht für sich. Die Treffen in Schwerin, Güstrow, Neubrandenburg und Stralsund verzeichneten insgesamt 350 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Die Ergebnisse der Konferenzen (vgl. Bericht zu den Regionalen Kulturkonferenzen), der Gespräche mit den Kommunen und den Landesverbänden sowie die sonstigen Anregungen sind in einem Diskussionspapier zusammengefasst, das hier im Kulturportal einsehbar ist. Dieses Papier ist eine wirklich gute Grundlage für die weitere Diskussion. 

Welche Vorschläge sind bei den Regionalen Kulturkonferenzen gemacht worden?

Wichtig sind den Kulturschaffenden eine verlässliche und transparente Kommunikation auf Augenhöhe und der Austausch untereinander. Angeregt wurde auch eine engere Zusammenarbeit von freier Szene und etablierten Kultureinrichtungen. Das sind interessante Impulse. Darüber hinaus gab es viele weitere Projektideen, von denen wir einige schon jetzt umsetzen. So begleitet das Förderreferat der Kulturabteilung nun beispielsweise das „ServiceCenter Kultur“ zu Beratungsterminen im ganzen Land, um den Kulturschaffenden direkte Ansprache und Unterstützung vor Ort zu ermöglichen. Und auch eine erste Handlungsempfehlung – nämlich die Unterstützung von Inklusions- und Teilhabeprojekten – findet Eingang in die Investitionsschwerpunkte für das Jahr 2020.

Welche Spielräume hat die Landesregierung bei der Kulturpolitik?

Die Kulturfördermittel bilden den finanziellen Rahmen. Rund 10 Millionen Euro stehen pro Jahr zur Verfügung. Wenige Tage, nachdem ich zur Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur ernannt worden bin, habe ich in den Gesprächen zum Doppelhaushalt 2020/2021 den Kulturetat verhandelt. Ich habe erreicht, dass wir vom kommenden Jahr an die Mittel für die kulturelle Projektförderung um 2,5 Prozent anheben und fortan dynamisieren können. Der Vorsitzende des Landeskulturrates hat die Dynamisierung als „Paukenschlag“ bezeichnet, den die Kulturschaffenden seit fast 30 Jahren erhofft und erwartet haben. Was für ein Kompliment! Diese Kabinettsentscheidung muss nur noch vom Landtag beschlossen werden. Ich bin zuversichtlich, dass die Landtagsabgeordneten meinen Vorschlag mittragen. 

Auch im Sommer geht's weiter im Leitlinienprozess. Wie sieht die zweite Halbzeit aus?

Zunächst lade ich ausdrücklich alle Interessierten dazu ein, sich mit dem Diskussionspapier zu beschäftigen und ihre Kommentare und Anregungen abzugeben. Dann wollen wir nochmals mit ausgewählten Gruppen, wie beispielsweise den Landesverbänden, der kommunalen Ebene und den anderen Ministerien, das Gespräch suchen. Die Ergebnisse dieser Gespräche und auch die jetzt eingehenden Anregungen werden dann in einer Arbeitsgruppe diskutiert. Die Entwürfe und konkreten Handlungsempfehlungen für die kulturpolitischen Leitlinien sollen dann anschließend mit dem Landeskulturrat beraten werden.

Wann sollen die kulturpolitischen Leitlinien vorliegen?

Das Ergebnis wollen wir im Jahr 2020 in einer Landeskulturkonferenz präsentieren. Das ist ein wenig später als bisher geplant. Wir wollen uns für die jetzt anstehende Beteiligungs- und Auswertungsphase etwas mehr Zeit nehmen. Die Leitlinien sollen uns ja schließlich auch länger als eine Wahlperiode begleiten.

Was soll mit den kulturpolitischen Leitlinien geschehen?

Die Leitlinien sollen keinesfalls auf ein Blatt Papier notiert werden, das dann in der Schublade verschwindet. Ich kann mir auch vorstellen, dass wir die Grundidee des begonnenen Prozesses – also das gemeinsame Verständigen und Vernetzen – in einer geeigneten Form weiterführen. Kulturpolitik braucht Beteiligung.

Hintergrund

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