10.01.2020

Ulrich Tukur erhält Ehrenpreis „Goldener Ochse“

Ein Porträt von Ulrich Tukur
Ulrich Tukur

Ulrich Tukur wird beim 30. Filmkunstfest Mecklenburg-Vorpommern ausgezeichnet. Im Jubiläumsjahr 2020 erhält der Schauspieler den Ehrenpreis - den „Goldenen Ochsen“. Der Preis wird am 9. Mai in Schwerin überreicht.

„Mit Ulrich Tukur ehren wir einen der bedeutendsten zeitgenössischen Schauspieler deutscher Sprache”, sagt der künstlerische Leiter des Filmkunstfests MV, Volker Kufahl. „Tukurs Spiel zeichnet sich durch große Virtuosität und Vitalität aus, mit der er unterschiedlichste Charaktere überzeugend ausgestaltet und sein Publikum immer wieder in den Bann schlägt.” Ulrich Tukur wurde 1957 im südhessischen Viernheim geboren und wuchs in Hessen, Westfalen und Niedersachsen auf.

Von 1980-1983 studierte er Schauspiel an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart. Bereits in dieser Zeit übernahm er seine erste Filmrolle als einer der Studenten der Widerstandsgruppe „Die weiße Rose“ im gleichnamigen Film unter der Regie von Michael Verhoeven. Tukur feierte auf Theaterbühnen in Heidelberg, Hamburg und Berlin große Erfolge, insbesondere am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg unter den Intendanzen von Peter Zadek („Ghetto“, „Wie es euch gefällt“, „Lulu“) und Michael Bogdanov („Hamlet“). Die deutschen Theaterkritiker kürten ihn 1986 zum Schauspieler des Jahres. Von 1995 bis 2003 war er Ko-Intendant der Hamburger Kammerspiele. In den achtziger Jahren spielte sich Ulrich Tukur in kurzer Zeit in die Liga der bedeutendsten Film- und Fernsehschauspieler Deutschlands.

Oft verkörperte er Figuren der Zeitgeschichte, darunter das RAF-Mitglied Andreas Baader in „Stammheim“ (1986, Regie: Reinhard Hauff), den jüngeren Herbert Wehner im TV-Zweiteiler „Wehner – die unerzählte Geschichte“ (1993, Regie: Heinrich Breloer), den Pastor und Widerständler Dietrich Bonhoeffer im Film „Bonhoeffer – Die letzte Stufe“ (2000, Regie: Eric Till), den Hitler-Gegner Henning von Tresckow in „Stauffenberg“ (2004, Regie: Jo Baier) und den Wehrmachtsoffizier Erwin Rommel (in „Rommel“, 2012, Regie: Niki Stein). Für die Rolle als Stasi-Oberstleutnant Anton Grubitz im „Oscar“-prämierten Drama „Das Leben der Anderen“ (Regie: Florian Henckel von Donnersmarck) erhielt Ulrich Tukur 2006 den Deutschen Filmpreis für die beste männliche Nebenrolle.

Drei Jahre später wurde er mit dem Deutschen Filmpreis für die Titelrolle in „John Rabe“ (2009, Regie: Florian Gallenberger) ausgezeichnet. Zu den zahlreichen weiteren Auszeichnungen, die Ulrich Tukur für seine schauspielerische Leistungen erhielt, zählen zwei Adolf-Grimme-Preise (2000, 2015). Den Grimme-Preis von 2015 sowie die Goldene Kamera (2011) wurden Tukur für seine markante Rolle als Wiesbadener Kommissar Felix Murot in der ARD-Krimireihe „Tatort“ verliehen, den er seit 2010 acht Mal in meist sehr ausgefallenen Serienfolgen spielte. Mit großer Überzeugungskraft verkörperte Tukur unbekümmerte Lebemänner wie in der MartinWalser-Verfilmung „Ein fliehendes Pferd“ (2007, Regie: Rainer Kaufmann), aber auch widersprüchliche, psychisch angeschlagene Charaktere wie den absturzgefährdeten Manager in Bastian Günthers Spielfilm „Houston“ (2013), den pornosüchtigen Gehirnforscher in „Gleißendes Glück“ (2016, Regie: Sven Taddicken) und den vom Schicksal gebeutelten Landbaron in dem vielfach preisgekrönten, teilweise in Mecklenburg gedrehten Historiendrama „Das weiße Band“ (2009, Regie: Michael Haneke).

Tukurs große Reputation führte ihn auch mehrfach ins Ausland, so arbeitete er unter anderem mit US-Regisseur Steven Soderbergh und Kollege George Clooney zusammen („Solaris“, 2002), mit István Szabó an der Seite Harvey Keitels und Stellan Skarsgårds in „Taking Sides – Der Fall Furtwängler“ (2001), mit Emily Watson in dem Spielfilm „Mitten im Sturm“ der Niederländerin Marleen Gorris (2009) und mehrfach mit dem griechisch-französischen Meisterregisseur Costa-Gavras. Dazu zählen die Verfilmung des Rolf-Hochhuth-Dramas „Der Stellvertreter“ (2002) und zuletzt der Spielfilm über die griechische Finanzkrise, „Adults in the Room“ (2019), in dem Tukur als Wolfgang Schäuble zu sehen ist.

Ulrich Tukurs zweite große Leidenschaft gilt der Jazz-, Swing- und Boogie-Woogie-Musik, der er zusammen mit der 1995 gegründeten Formation „Die Rhythmus Boys“ auf vielen Bühnen und Konzertsälen nachgeht. Mit dieser Formation war Tukur seit 2017 auch als musikalischer Botschafter Deutschlands im europäischen Ausland auf Tournee. Zudem ist Tukur auch schriftstellerisch tätig.  „Mit seiner ausdrucksstarken Interpretation hat er das Bild zeitgeschichtlicher Persönlichkeiten der jüngeren deutschen Vergangenheit mitgeprägt. Nicht minder hervorzuheben sind seine komödiantischen und musikalischen Talente, die vielen Filmen seiner eindrucksvollen Karriere einen unverkennbaren ‚Tukur-Touch‘ verleihen“, so Volker Kufahl über den diesjährigen Ehrenpreisträger.